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#MEERRETTICH

FESTIVALS: DER MÜLL FEIERT MIT

Quelle: jungagiert e.V.

Ines, 32 Jahre

#strandperle #wasserratte #wellenbrecherin

Eine Party bei sich zu Hause zu veranstalten ist ziemlich cool. Was richtig nervt, ist das Aufräumen am Morgen danach. Den Veranstaltern von Festivals geht das auch so. Dort muss der Müll oft tagelang weggeräumt werden. Wäre es nicht viel einfacher, wenn jeder selbst anpacken würde?

Vier Tage lang Spaß haben fernab von Eltern und Nachbarn, die man stören könnte. Die eigene Lieblingsband endlich einmal live sehen und ganz viele andere Bands noch dazu. Allein in Deutschland gibt es über 100 Musikfestivals. Zu den größten Rockfestivals „Rock am Ring“ und „Wacken“ kommen jeweils mehr als 80.000 Besucher. Und dann wird gefeiert, was das Zeug hält. Zelten, Dixi-Klos und Matsch – jegliche Strapazen nimmt man gerne auf sich, Hauptsache Spaß und gute Konzerte.

Billig: Kann weg

Und dann kommt der Morgen, an dem man verkatert aufwacht und feststellt, dass der ganze Zauber auch schon wieder vorbei ist. Was dann zählt: So schnell wie möglich nach Hause, um endlich wieder ein richtiges Badezimmer zu haben. Das Zelt? Der Grill? Der Campingstuhl? Ach was solls, das war eh billig.

Das, was vor dem Festival einmal Wiese war, mutiert hinterher zur Müllkippe. Die zurückgelassenen Zelte sind nur ein Teil des Problems. Hinzu kommt der ganze Plastikmüll von mitgebrachten Essen und Getränken.

 

Quelle: minax Quelle: minax

15 Kilo Müll pro Person

Beim Hurricane Festival hat jeder Besucher 2013 im Durchschnitt 15 Kilo Abfall auf dem Festival hinterlassen. Bei rund 70.000 Menschen kommen so insgesamt 1.000 Tonnen Müll zusammen. 120 Hilfskräfte sind hinterher tagelang damit beschäftigt, das Gelände aufzuräumen.

Nach der Schätzung des Öko-Think-Tanks „Thema 1“ wird nach einem Festival ein Viertel der Zelte nicht wieder mitgenommen. Bei den großen Festivals können das über 10.000 Zelte sein, die auf dem Gelände zurück bleiben.

Zum Roskilde Festival in Dänemark kommen 75.000 Fans, von denen jeder durchschnittlich 23 Kilo Müll hinterlässt. Hinzu kommen rund 20.000 Zelte, die auf dem Campingplatz verwahrlost stehen bleiben. In den letzten Jahren haben die Organisatoren rund 12.000 zurück gelassene Schlafsäcke an Obdachloseneinrichtungen gespendet.

Helden des Mülls

Um die Feierwütigen dazu zu bewegen, ihren Müll selbst zu entsorgen, gibt es bei vielen Festivals einen Müllpfand. Rund zehn Euro müssen beim Kauf des Tickets extra gezahlt werden. Das Geld gibt es zurück, wenn man am Ende des Festivals einen vollen Müllbeutel abgibt. Doch wer über 100 Euro für ein Ticket zahlt, dem kommt es auf die 10 Euro auch nicht mehr unbedingt an. Die Veranstalter des Hurricane, ein Rockfestival zwischen Hamburg und Bremen, versuchen es den 70.000 Besuchern so einfach wie möglich zu machen. Um den Gästen weite Entfernungen zu den Müllsammelstellen zu ersparen, gibt es über 20 Müllinseln auf dem Gelände. Für diejenigen, die ihren Müll wirklich gar nicht tragen wollen, gibt es „Müllabfuhren“, die mit Treckern, Allradpritschen und Quads auf dem Gelände unterwegs sind und die Müllsäcke entgegen nehmen.

Auch andere Festivals versuchen das Problem in den Griff zu bekommen und möglichst umweltfreundlich zu sein. Beim dänischen Roskilde Festival wird versucht, die Leute mit einem Belohnungssystem zum Müll entsorgen zu bewegen. Einen Platz auf einem extra Zeltplatz, eine heiße Dusche oder zusätzliche Eintrittskarten gibt es für besonders ökologisches Verhalten. Außerdem wird auf dem Festival vegetarisches und organisches Essen, fair gehandelter Kaffee, solarstromgekühltes Eis und nachhaltige Kleidung angeboten. Die Hauptbühne wird mit energiesparenden LED-Lampen beleuchtet und die Gäste werden ermutigt mit öffentlichen Verkehrsmitteln anzureisen. Auch beim Open Air St. Gallen in der Schweiz versucht man auf ähnliche Weise das Festival möglichst umweltfreundlich zu gestalten. Dort gibt es außerdem „Trash Heroes“, freiwillige Helfer, die Müllbeutel verteilen und die Feiernden auf das Müllproblem aufmerksam machen.

Die Kleinen schaffen das ja auch!

Doch es gibt auch ein kleines Festival ganz im Norden Deutschlands, bei dem das mit dem Müll wieder mitnehmen tatsächlich klappt. Das Rock’n’Roll Butterfahrt findet mit knapp 1.000 Besuchern auf einer Insel vor Helgoland statt. „Bei uns ist es hinterher sogar sauberer als vorher! Der Müll landet im Mülleimer. Es werden keine Zelte stehen gelassen. Die Leute sammeln sogar den Plastikmüll auf, der vom Meer an den Strand gespült wird“, erzählt Tim Sommer vom Organisationsteam des Festivals voller Stolz. Aber wie kann es sein, dass es dort so gut funktioniert? „Wir haben das von Anfang an klar kommuniziert und geben immer wieder Hinweise zur Müllentsorgung und zum Dünenschutz. Und vor allem: Bei uns gibt es auch genügend Mülleimer, auf anderen Festivals hat man ja manchmal kaum die Möglichkeit, seinen Müll ordentlich wegzuwerfen. Und wenn sich jemand wirklich daneben benimmt, was glücklicherweise nur alle paar Jahre vorkommt, dann war das sein letztes Festival bei uns.“ Das funktioniere so gut, dass der Campingplatz am Ende nicht mal mehr kontrolliert wird. Tim Sommer weiß aber auch: „Das ist auch größenabhängig. Bei 1.000 Menschen ist das viel besser handhabbar als bei den großen Festivals mit mehreren 10.000 Menschen.“ Und wem der Umweltschutz wirklich sehr am Herzen liegt, der kann auf dem Festival eine Patenschaft für eine Robbe übernehmen.

Und letztlich ist es doch ganz einfach. Den Müll in den Müllsack und ab zum Container damit. Sich im nächsten Jahr einfach ein neues Zelt zu kaufen, kostet zwar nicht viel, noch viel billiger ist es aber, das Zelt von diesem Jahr im nächsten Jahr und im Jahr danach einfach noch mal zu nutzen. Die halbe Stunde, die man länger braucht, um das Zelt abzubauen und einzupacken, darauf kommt es dann nach vier Tagen im Matsch auch nicht mehr an. Die Dusche zu Hause läuft ja nicht weg.

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