Quelle: minax
#ONLIFE

Dennis: 8.453 Schritte/Tag

Quelle: jungagiert e.V.

Coline, 34 Jahre

#neugier #vagabund #querdenker

Gewicht, Schlaf, Schritte, Blutwerte – all das können wir messen, speichern und auswerten. Coline hat Dennis von was-ist-quantified-self.de gefragt, wozu das gut ist.

 

Dennis, viele Leute vermessen einzelne Körpereigenschaften – wie bist du zum umfassenden Self-Tracken gekommen?

Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Ich interessiere mich sehr für neue Technologien und frage mich, was alles damit möglich sein könnte. Das und die Beschäftigung mit der eigenen Persönlichkeit sind wohl die wichtigsten Gründe.

Was ist denn bereits alles möglich? Was kann alles getrackt werden?

Im Grunde genommen können alle körperlichen Parameter gemessen werden. Das beginnt bei den gängigen Größen wie Gewicht, Schlaf und Bewegung. Außerdem ist die Messung von Hormonhaushalt und Blutwerten und des allgemeinen Gesundheitsstatus möglich. Neben diesen körperlichen Faktoren lassen sich aber auch soziale erfassen und auswerten. Selbst Facebook zeigt die Anzahl der Freunde an. Zu den sozialen Komponenten zählen außerdem Interaktionen, Stimmungen, individuelle Einstellungen und Verhaltensweisen sowie Persönlichkeitsmuster.

Im Rahmen dieser Möglichkeiten – was genau vermisst du bei dir selbst?

Ich vermesse auch die Standardmaße wie Körpergewicht und -fettanteil, Puls, Schlafqualität, Bewegung, CO2-Gehalt im Raum sowie die Raumtemperatur. Außerdem tracke ich Parameter, die mein persönliches und mein berufliches Leben beeinflussen. Mit Persönlichkeitstests und Profilen erfasse ich psychologische Daten. Wichtig ist dabei die wissenschaftliche Grundlage. Im beruflichen Bereich ist es für mich interessant zu wissen, wie viel Zeit ich im individuellen Leistungshoch für die wichtigsten Projekte aufwende. Außerdem behalte ich damit meine Finanzen im Überblick.

Das klingt nach einem großen Zeitaufwand und einer noch höheren Datenmenge, die erhoben wird. Gibt es für dich Grenzen? Was würdest du nicht vermessen?

Mir geht es nicht um das Vermessen um des Vermessens Willen. Wenn es kein Ziel gibt, das ich dadurch erreichen kann, wird nichts vermessen. Außerdem denke ich vorher darüber nach, ob und wem ich meine Daten zwangsläufig aushändige. Oft reichen ganz einfach Notizbuch und Stift und so kommen keine privaten Daten unnötig ins Internet.

Kannst du dir unabhängig von den Daten, die über technische Hilfsmittel gesammelt werden, vorstellen, alle über dich selbst gesammelten Daten zu veröffentlichen?

Auch hier steht der konkrete Nutzen im Mittelpunkt. Wenn es einen konkreten Nutzen und dabei ein geringes Risiko gibt, wäre ich nicht abgeneigt. Im Grunde veröffentlichen wir alle jeden Tag kritische Datensätze und verschenken diese auch noch. Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Umso wichtiger ist es, zu überlegen, was man von sich aus preisgibt.

Und was bringt es?

Der Vorteil, den ich sehe, ist die Selbsterkenntnis. Der Nachteil liegt darin, dass man sich nicht alleine auf die erhobenen Daten verlassen kann. Das ist vergleichbar mit dem Fahren nach Navi – wer sich nur darauf verlässt, steht irgendwann einmal vor einer gesperrten Straße.

Welchen Einfluss hat das „Self Tracking“ auf die Gesundheit?

Ich vergleiche den Einfluss mit Meditation oder bewusster Ernährung – es schafft ein größeres Bewusstsein für sich selbst. Auf der physischen Ebene gibt es die langfristige Möglichkeit, die eigene Gesundheit zu verbessern. Wer zum Beispiel chronisch erkrankt ist, kann Prozesse und Zyklen seiner Krankheit erkennen und besser darauf reagieren.

Die Möglichkeiten und Chancen scheinen vielfältig zu sein, aber gibt es technische oder rechtliche Hürden?

„Quantified Self“ entwickelt sich schnell und agiert deswegen am Rande des technisch Machbaren. Zum Glück entwickelt sich die Technik auch stetig weiter, wird optimiert und miniaturisiert. Rechtlich sieht die Sache anders aus, da sich Gesetze nicht so schnell entwickeln. Es bestehen verschiedene Fragen, zum Beispiel bezüglich der Datensicherheit oder des Rechts auf individuellen Datenschutz. Diese Schwierigkeiten sind auch ethischer Natur.

Technologie und Recht entwickeln sich weiter, was siehst du als absehbare Ziele im Bereich „Quantified Self“?

Ich denke, dass „Quantified Self“ fast unbemerkt Einzug in alle Lebensbereiche halten wird. Das liegt meiner Meinung nach vor allem an der technologischen Entwicklung – Arbeitsprozesse werden optimiert und am Ende des Tages erhält man die Informationen. Es wird getrackt, ohne dass es sich um bewusstes Tracking handelt.

Und welche Entwicklungen wünschst du dir selbst fürs „Quantified Self“?

Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich bewusster mit Technologie im Allgemeinen und auch mit ihren einzelnen Funktionen auseinander setzen. Nur so können qualifizierte Entscheidungen getroffen werden.

Über Dennis Singh und „Quantified Self“:

Dennis Singh ist IT-Projektmanager, Self-Tracker – Body-Mass-Index 19,3, 8.453 Schritte pro Tag, 2.000 Kalorien Energie pro Tag, 6,1 Stunden Schlaf pro Nacht – und Mitbetreiber der Seite was-ist-quantified-self.de. Sie soll den Austausch über das Thema Selbstvermessung vorantreiben und aufklären.

In der „Quantified Self“-Community, die 2007 von Gary Wolf und Kevin Kelly in der San Francisco Bay Area ins Leben gerufen wurde und mittlerweile weltweit über 100 Splittergruppen hat, treffen sich Techniker, Leistungssportler, Biohacker und persönlich Interessierte. Die Community trifft sich auf internationalen QS-Konferenzen und bei lokalen „Meetups“. Außerdem tauscht man sich über Blogs, soziale Netzwerke und RSS-Feeds aus.

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