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Studium, Studieren, Stillen?

Quelle: Marie-Kristin Baumann

Marie-Kristin, 27 Jahre

#kaffeetrinkerin #kinderkrankenschwester #foodlover

Rund um Anfang Oktober finden in Deutschland immer zwei Dinge statt: Zum einen der Start in ein neues Semester, zum anderen findet in der 40. Kalenderwoche (4.10.-10.10.2021) jedes Jahr in Deutschland die Weltstillwoche statt. Eine schöne Parallele: Für Studierende ist ein neues Semester immer auch ein neuer Abschnitt. Man ist oft erholt, hat wieder mehr Motivation fürs Studium – man startet neu durch, mit neuen Vorsätzen und neuer Kraft. Für die ganz Kleinen beginnt ab der Geburt auch ein neues Kapitel, der allererste Lebensabschnitt ex utero. Stillen spielt für die Neugeborenen eine sehr große Rolle, und natürlich genauso für die frisch gebackenen Eltern.

Was haben aber Studierende mit der Weltstillwoche zu tun? Das lest ihr in diesem Artikel…

 

In Zahlen: Wie Deutschland stillt

Quelle: Pexels/RODNAE ProductionsIn Deutschland werden jedes Jahr circa 800.000 Babys zur Welt gebracht. Bevor die Kinder zur Welt kommen, haben die meisten werdenden Mütter (90%) die Absicht, ihr Kind zu stillen. 87% der Frauen beginnen dann tatsächlich damit. Die Dauer, wie lange ein Kind dann gestillt wird, variiert jedoch und nimmt mit zunehmendem Alter des Kindes immer mehr ab. Bis zum vollendeten vierten Monat stillen nur noch 40% der Mütter voll, und bis zum Ende des sechsten Monats sogar nur noch 13%. Dabei liegt die Empfehlung der WHO bei sechs Monaten ausschließlichen Stillens; die Handlungsempfehlung in Deutschland greift das auf, und empfiehlt ausschließliches Stillen bis zu 6 Monaten, mindestens jedoch volle vier Monate [1].

 

Das hat auch einen guten Grund: Gesundheit für Zwei

Quelle: Pexels/Karolina GrabowskaDie Wissenschaft ist sich einig, Stillen gilt als optimale erste Ernährungsform für Säuglinge, was gleichzeitig mit deutlichen gesundheitlichen Vorteilen einhergeht [1]. Gestillte Kinder sterben seltener am „plötzlichen Kindstod“, erkranken innerhalb der ersten Lebensjahre weniger an Durchfall- und Atemwegserkrankungen, sowie Mittelohrentzündungen. Außerdem haben sie ein geringeres Risiko, später einmal Adipositas und Diabetes Typ 2 zu entwickeln [1; vgl. auch 5;6]

Es profitiert jedoch nicht nur das Kind vom Stillen, sondern auch die Mutter. In der ersten Zeit nach der Geburt hilft das Stillen (durch Hormonausschüttung) dabei, dass sich der Uterus zügig zurückbildet. Genau wie das Baby hat auch die Mutter durch das Stillen ein geringeres Risiko, einmal an Diabetes Typ 2 zu erkranken. Es gibt auch Hinweise darauf, dass Stillen mit einem geringeren Risiko für Eierstockkrebs und Brustkrebs einhergeht.

Nicht zuletzt ist das Stillen eine gute Möglichkeit, die Bindung zwischen Mutter und Kind aufzubauen und zu stärken. Generell ist das Stillen und damit der Kontakt zur Mutter und umgekehrt von großer Bedeutung für die psychologische und kognitive Entwicklung des Kindes.

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Aus weiteren Gründen bleibt das Stillen als erste Ernährungsform unschlagbar: Es ist kostenlos, die Mutter hat die Nahrung immer dabei, sie ist stets wohl temperiert und hygienisch einwandfrei [3].

Bei all diesen Vorteilen bleibt nun die Frage: Aus welchen Gründen stillen nicht mehr Mütter für den empfohlenen Zeitraum?

 

Eine Nationale Strategie muss her

Diesen Zustand hat auch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) wahrgenommen, und förderte von 2017 bis 2019 das internationale Forschungsvorhaben „Becoming Breastfeeding Friendly“ (BBF). Dadurch wurde die Notwendigkeit für eine Nationale Strategie zur Stillförderung offengelegt. In einem zweiten Schritt wurde dann das Max-Rubner-Institut für Kinderernährung damit beauftragt, einen partizipativen Prozess zur Entwicklung von Maßnahmen zu leiten. Mehr als 150 Akteure und Akteurinnen des Fachgebiets bildeten Arbeitsgruppen, um Maßnahmen zur Stillförderung und für die Entwicklung eines stillfreundlichen Deutschlands abzuleiten. Aufbauend auf den Ergebnissen wurde die Nationale Strategie zur Stillförderung formuliert.

 

Stillen geht alle was an – aber was?

„Inwiefern ist das für junge Studierende relevant?“, könnte man sich fragen. Immerhin haben nur rund 6 Prozent aller Studierenden mindestens ein Kind [2]. Auf die Frage nach der Relevanz gibt es einige Antworten. Die Nationale Strategie hält mehrere Faktoren fest, die sich essenziell auf die Stillförderung auswirken. Das sind unter anderem auf der sozialen Ebene „Gesellschaftliche Akzeptanz“ und „Beruf und Arbeitsplatz“, und auf der strukturellen Ebene „Information und Bildung“.

Quelle: Pexels/William Fortunato

Die Relevanz für Studierende erklärt sich daher so: Die Universität oder die Hochschule bildet somit einen Arbeits- und Ausbildungsplatz für Mitarbeiter*innen und Student*innen. Wenn also ein*e Mitarbeiter*in oder Student*in ein Kind bekommt, ist die Universität der Ort, an dem sie viel Zeit verbringt, und dort auch ihr Kind stillen können sollte. Das gilt insbesondere für die Student*innen, die das Stillen in den Unialltag wie Vorlesungen, Seminare und Nebenjobs integrieren müssen.

Zum anderen ist der Ort des Lernens eine Lebenswelt, wie das fünfte Sozialgesetzbuch es in Paragraph 20a, Abschnitt 1 definiert:

„Lebenswelten […] sind für die Gesundheit bedeutsame, abgrenzbare soziale Systeme insbesondere des Wohnens, des Lernens, des Studierens, der medizinischen und pflegerischen Versorgung sowie der Freizeitgestaltung einschließlich des Sports.“

Quelle: Pexels/RODNAE ProductionsWo wir leben, da ist Gesellschaft. Nur wo Gesellschaft ist, kann auch gesellschaftliche Akzeptanz entstehen und gefördert werden. In der Schlussfolge ist die Universität oder die Hochschule ein wichtiger Ort, um die gesellschaftliche Akzeptanz des Stillens unter Studierenden, aber auch unter Mitarbeitenden zu fördern.

Während viele Universitäten und Hochschulen mittlerweile Beratungsstellen oder -angebote für werdende Eltern bzw. Studierende mit Kind anbieten (Familienservice, Gleichstellungsbeauftragte etc.), ist beispielweise die Universität Passau noch einen Schritt weitergegangen. Sie wurde von pro familia Niederbayern e. V. als stillfreundlicher Ort ausgezeichnet.

Was macht stillfreundliche Orte aus?

Zu den Kriterien für eine entsprechende Zertifizierung gehören u.a.:

  • barrierefreie Zugänglichkeit der Orte (besonders für Kinderwägen)
  • Sitzmöglichkeiten zum Stillen
  • frei zugängliche Toiletten mit Wickeltischen
  • kostenfreie Möglichkeiten für Stillende, Trinken zu erhalten.
  • Unterstützung und Hilfe, wenn ablehnendes Verhalten erfahren wird [4].

Zum Schluss…

Stillen oder nicht stillen geht nicht nur Studierende mit Kind etwas an. (Mit-)Studierende (ohne Kinder) und Angestellte können maßgeblich zur Gestaltung der Atmosphäre am Lern- und Lebensort Hochschule/Universität beitragen.  Natürlich gibt es so viel mehr Faktoren, die die Wahl der Säuglingsernährung beeinflussen. Durch die Vorteile des Stillens, die in diesem Artikel genannt werden, sollen auch keine Menschen diskriminiert oder verurteilt werden, welche sich dazu entscheiden, nicht zu stillen oder schlichtweg keine Wahl haben. Die Gründe sind oft komplex, und wir wollen nichts pauschalisieren.

Dieser Artikel plädiert vielmehr für eine zugewandte Akzeptanz. Genauso wie das Trinken mit dem Milch-Fläschchen in der Öffentlichkeit toleriert und akzeptiert wird, sollte auch das natürliche Stillen individuell und kollektiv akzeptiert und gefördert werden.

[1] https://www.bmel.de/SharedDocs/Downloads/DE/Broschueren/nationale-stillstrategie.pdf?__blob=publicationFile&v=3 zuletzt abgerufen am 04.08.2021

[2] Middendorff, E., Apolinarski, B., Becker, K., Bornkessel, P., Brandt, T., Heißenberg, S. & Poskowsky, J. (2017). Die wirtschaftliche und soziale Lage der Studierenden in Deutschland 2016. Zusammenfassung zur 21. Sozialerhebung des Deutschen Studentenwerks – durchgeführt vom Deutschen Zentrum für Hochschul- und Wissenschaftsforschung. Berlin: Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF). (http://www.sozialerhebung.de/download/21/Soz21_zusammenfassung.pdf) zuletzt abgerufen am 04.08.2021

[3] https://www.profamilia-niederbayern.de/prostillen zuletzt abgerufen am 04.08.2021

[4] https://www.uni-passau.de/diversity-gleichstellung/aktuelles/meldung/detail/universitaet-passau-ist-stillfreundlicher-ort/ zuletzt abgerufen am 04.08.2021

[5] https://www.publish.csiro.au/nb/pdf/NB05011 zuletzt abgerufen am 04.08.2021

[6] https://www.thieme-connect.com/products/ejournals/pdf/10.1055/s-0038-1657766.pdf zuletzt abgerufen am 04.08.2021

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