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#grenzwertig

Grenzen in Regenbogenfarben

Quelle: Lou Antoinette Godvliet

Lou, 26 Jahre

Sexuelle Grenzverletzungen treffen häufig Minderheiten – darunter auch die LGBT+ Community. Wie gehen Lesben, Schwule, Bi- und Transsexuelle sowie für Menschen mit sexuellen Orientierungen oder geschlechtlichen Identitäten, die sich mit diesen Bezeichnungen nur unzureichend identifizieren können mit den Grenzverletzungen um, mit denen sie konfrontiert werden? Wie könnten wir diese in Zukunft sogar verhindern?

Stell dir vor, du gehst mit ein paar Freunden ins Kino und ein paar Reihen vor euch sitzt ein gleichgeschlechtliches Paar. Als die beiden sich während des Films unauffällig küssen, werden sie plötzlich von ein paar anderen Kinogästen dafür ausgebuht und mit Popcorn beworfen. Die beiden fühlen sich so bloßgestellt, dass sie noch vor Ende des Films den Kinosaal verlassen, um weiteren sexuellen Grenzverletzungen aus dem Weg zu gehen.

Solche Situationen kommen leider täglich vor und betreffen vor allem Minderheiten. Eine davon ist die LGBT+ Community, die seit ein paar Jahren immer mehr Anerkennung gewinnt und weiterhin für ihre Rechte kämpft.

Was steckt hinter dem Begriff LGBT+?

LGBT bedeutet „Lesbian, Gay, Bisexual und Transgender“, das Plus steht für weitere Spielarten von sexuellen Orientierungen und geschlechtlichen Identitäten gemeint, die von der Norm abweichen. Das bedeutet, dass sie nicht Teil der heterosexuellen Mehrheit sind, die in dem Fall als Norm bezeichnet wird. Außerdem sind sie nicht an das binäre („zweiteilige“) Modell des männlichen und weiblichen Geschlechts gebunden. Unter den Begriff LGBT+ fallen beispielsweise:

  • Homosexualität (Lesben, Schwule),
  • Bisexualität (sexuelles Interesse an Männern und Frauen),
  • Transgender (die Geschlechtsidentität, also das „gefühlte“ Geschlecht, stimmt nicht mit den körperlichen Geschlechtsmerkmalen überein)

Grundsätzlich wird also zwischen der geschlechtlichen Identität (also welchem Geschlecht man sich selbst zuordnet) und der sexuellen Orientierung (zu welchem Geschlecht man sich hingezogen fühlt) unterschieden. Zur geschlechtlichen Identität zählen männlich, weiblich und Intersex (keine eindeutige Zuordnung)

Unsere sexuelle Orientierung hat natürlich auch Einfluss auf unsere Grenzen, da sie bestimmt, zu wem wir uns überhaupt hingezogen fühlen. Ob das nun dasselbe Geschlecht ist, dem man sich auch zuordnet (= homosexuell), das jeweils andere biologische Geschlecht (= heterosexuell) oder beide Geschlechter (= bisexuell). Darüber hinaus gibt es zum Beispiel noch Asexualtität, also die Abwesenheit jeglichen sexuellen Verlangens, sowie Pansexualität, wobei man sich vor allem vom Charakter einer Person (unabhängig vom Geschlecht) auch sexuell hingezogen fühlt. Die Regenbogenflagge ist ein Hauptsymbol der LGBT+ Community. Wenn ihr genaueres zu diesem Thema wissen wollt, könnt ihr das hier nachlesen.

Sexuelle Grenzverletzungen in der LGBT+ Community

Leider sind Mitglieder dieser Community häufiger von sexuellen Grenzverletzungen betroffen. So werden beispielsweise Trans* (Geschlechtsidentität weicht vom biologischen Geschlecht ab) und intergeschlechtliche („geschlechtlich uneindeutige“ körperliche Merkmale die angeboren sein können) sowie homosexuelle Männer überdurchschnittlich oft sexuell belästigt. Das Unwissen, Unverständnis und die sexuelle Gewalt, denen transsexuelle Jugendliche oft begegnen, erhöhen das Selbstmordrisiko erheblich.

Die Diskriminierung von LGBT+ Jugendlichen findet sowohl in der Schule, als auch in der Ausbildung oder am Arbeitsplatz statt. Die Formen der Diskriminierung reichen dabei von Beschimpfungen (55%) über Ausgrenzung und Outing gegen den eigenen Willen (34 bzw. 26%) bis hin zu Zerstörung von Eigentum und körperlicher Gewalt (12 bzw. 10%). In der Öffentlichkeit, wie zum Beispiel im Club oder im Schwimmbad, gehen diese sexuellen Grenzverletzungen hauptsächlich von fremden Personen aus (Coming Out Studie des Deutschen Jugendinstituts von 2017).

Wie gehen die Jugendlichen der LGBT+ Community damit um?

Jeder Mensch geht natürlich anders mit einer sexuellen Grenzverletzung um. Die Jugendlichen der LGBT+ Community verwenden dazu jedoch laut Coming Out Studie zwei Strategien besonders häufig:

Die Betroffenen gehen allen Situationen, die zu negativen Erfahrungen führen könnten, aus dem Weg. Das führt dann beispielsweise dazu, dass sich diese Jugendlichen nicht mehr abends mit ihren Freunden in den Club trauen oder das Schwimmbad meiden. Dabei handelt es sich um einen Schutzmechanismus, der in Extremfällen auch schnell zur Isolation führen kann. Die Jugendlichen behalten ihre sexuellen Erfahrungen auch eher für sich, was den Leidensdruck umso größer macht.

Bei der zweiten Strategie geht es um die Deutung der Grenzverletzungen. So können die Erlebnisse zum Beispiel relativiert („Es hätte viel schlimmer sein können!“) oder idealisiert („Ich habe wirklich noch Glück gehabt“) werden. Ganz gleich welche der beiden Strategien gewählt wird, die betroffene Person spielt damit ihre eigenen Gefühle herunter, obwohl gerade in solchen Momenten viel Verständnis und Mitgefühl – von anderen, aber auch gegenüber sich selbst – notwendig ist.

Was können wir dagegen tun?

Im Vergleich zu vielen anderen Ländern ist Deutschland sehr bemüht, die Situation für die LGBT+ Community zu verbessern. So setzt sich die Bundesregierung zum Beispiel nicht nur gegen die Diskriminierung von und Gewalt gegenüber LGBT+ Personen ein, sondern setzt sich auch für die Umsetzung von gleichen Rechten für alle ein. Vor allem Aufklärung über die sexuelle und geschlechtliche Vielfalt ist wichtig, sodass die Vorurteile und daraus resultierenden Diskriminierungen verhindert werden können. Dies ist zum Beispiel durch eine geschlechtersensible Sprache, entsprechende Unterrichtsmaterialien und Aufklärungsprojekte möglich.

Aber die Regierung kann’s nicht alleine richten. Um Diskriminierung auf der Basis von sexueller Orientierung und Geschlechtsidentität effektiv zu verhindern, ist es natürlich auch wichtig, dass wir alle verstehen was damit überhaupt gemeint ist. Jeder Mensch hat das Recht, über seine eigene Identität zu bestimmen und nach seiner sexuellen Orientierung zu leben. Anstatt jemanden dafür zu verurteilen, können wir es auch als Chance sehen, um etwas über andere Lebensweisen zu erfahren. Mit einer offenen und neugierigen Haltung geht es uns allen sehr viel besser.

Und wenn ihr selbst zur LGBT+ Community gehört: Vergesst niemals, dass ihr nicht alleine seid und wie wichtig es ist, seine Erfahrungen mit anderen zu teilen. Denn nur so können wir alle etwas daraus lernen und einer sexuell-gewaltfreien Zukunft entgegenblicken.

Falls du oder jemand aus der LGBT+ Community, den du kennst, von einer sexuellen Grenzverletzung betroffen ist oder war, findet ihr auf der Seite vom Weißer Ring einige Informationen sowie Beratungsangebote per Telefon und per E-Mail. Zusätzlich dazu gibt es noch viele lokale Beratungsstellen, an die ihr euch für Unterstützung wenden könnt (z.B. die Trans*Inter*Beratungsstelle in München oder die Rosa Strippe in Bochum).

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