Quelle: MichaelGaida
#MEINEUROPA

Ticken die Alten anders?

Friedrich-Ebert -Stiftung

Wie anders schauen junge Leute eigentlich auf die EU? Sprechen wir hier von der Größenordnung Generationenkonflikt oder doch von eher kleinen Unterschieden?

Gleiches Interesse und Beteiligung

Auch wenn die Beteiligung bei Wahlen zum Europäischen Parlament insgesamt niedriger ist als bei Bundestagswahlen, gibt es doch ein umfangreiches Interesse an der anstehenden Europawahl in Deutschland. 63% der unter 35-Jährigen sagen, dass sie an den Europawahlen interessiert sind.1 Damit unterscheiden sie sich insgesamt nicht von der älteren Bevölkerung (diejenigen ab 35 Jahren). Bei denen ist das Interesse nämlich genauso hoch.

Bei der Wahlbeteiligung liegen ältere Bürgerinnen und Bürger oft im Vorteil. Bei vielen Wahlen geben junge Leute seltener ihre Stimme ab, zum Beispiel bei den allermeisten Bundestags-, aber auch bei Landtags- und Kommunalwahlen. Fragt man Leute heute danach, ob sie sich an der Europawahl 2019 beteiligen werden, sagen rund zwei Drittel „Ja“. Auch hier gibt es fast keinen Unterschied zwischen den 15- bis 34-Jährigen und denjenigen über 34. Von denen sagen 66%, dass sie mitmachen würden, und von den Jüngeren immerhin 63%.2

 

 

[1] Eurobarometer 90.1, „Die nächsten Europäischen Parlamentswahlen finden im Mai und Juni 2019 statt. Wie interessiert oder nicht interessiert sind Sie an diesen Wahlen?“
[2] Eurobarometer 90.1, „Die nächsten Europäischen Parlamentswahlen finden im Mai und Juni 2019 statt. Wie wahrscheinlich ist es, dass Sie Ihre Stimme in diesen Wahlen abgeben werden?“

Die Top-Themen unterscheiden sich – ein wenig

Wenn Politikerinnen und Politiker über sogenannte Jugendthemen sprechen, gehen sie oft davon aus, dass junge Leute andere Dinge interessieren als die Bevölkerung insgesamt. Das ist aber häufig nicht so. Junge Leute nennen genau die gleichen Topthemen für die Europawahl wie der Rest der Bevölkerung. Sowohl bei jungen als auch bei älteren Leuten sind die Themen Einwanderung und Klimawandel gesetzt (56 und 51-52% jeweils).3

Heißt das, dass es gar keine Unterschiede gibt? Nicht ganz. Bei anderen Topthemen gibt es in der Tat ein paar Unterschiede zwischen jungen und älteren Leuten. Für junge Leute zählt der Schutz von Menschenrechten und Demokratie zu den Top-3 (43%). Bei den älteren Deutschen kommt es dagegen gerade mal auf Platz 7 (35%). Für diejenigen jenseits der 34 ist der Schutz der EU-Außengrenzen mit 35% recht wichtig. Dabei ist das Thema für die 15- bis 34-Jährigen eher nicht so wichtig (nur für 29%).

Es wäre also ein Fehler zu denken, dass junge Leute sich einfach nur dadurch definieren, dass sie jung sind. Sie setzen sich genauso mit Themen auseinander, die auch den Rest der Bevölkerung interessieren.

 

 

[3] Eurobarometer 90.1, “Welches der folgenden Themen sollte während des Wahlkampfes für die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament vorrangig diskutiert werden?“ (Erstens und zweitens zusammen)

Wie sieht es aus mit Sorgen zur EU?

Bei den Einstellungen zur EU zeigen sich allerdings deutliche Unterschiede zwischen jungen und älteren Menschen. In Bezug auf die EU sind junge Leute grundsätzlich optimistischer eingestellt.4 Mehr als die Hälfte (57%) der über 35-Jährigen macht sich Sorgen, dass Deutschland immer mehr Geld an die EU zahlen muss. Das beschäftigt auch jüngere Menschen, aber deutlich weniger von ihnen, nämlich nur 36%. Ein ähnliches Bild ergibt sich bei Sorgen über den Einfluss der EU auf den Arbeitsmarkt in Deutschland. Während 57% der Menschen über 35 Angst vor dem Verlust von sozialer Sicherheit und 45% vor dem Verlust von Arbeitsplätzen habe, sind das bei den Jüngeren nur 41 beziehungsweise 30%.

 

 

In Sachen Wirtschaft und EU sind junge Leute also deutlich optimistischer. Das haben wir schon in den anderen Folgen gesehen, wenn es darum ging, welche Möglichkeiten sich junge Leute von der EU erhoffen. Wie sieht das mit kulturellen Fragen aus? Fast die Hälfte der Leute über 35 hat Angst vor dem Verlust der deutschen Identität und Kultur wegen der EU. Die jungen Leute sind in dieser Hinsicht wesentlich entspannter. Von denen sieht nur ein Drittel das als Problem. Einig sind sich beide Altersgruppen allein, wenn es darum geht, ob Deutschland wegen der EU weniger Einfluss in der Welt haben wird. Das befürchten nur je knapp ein Viertel – in beiden Gruppen.

 

[4] d|part & Demos Studie, „Geben Sie bitte für jeden Punkt an, inwieweit dieser bei Ihnen derzeit Ängste hervorruft (falls überhaupt): Der Verlust von sozialer Sicherheit.“

Junge haben weniger Angst

Junge Leute kümmern sich um ähnliche Themen wie der Rest der Bevölkerung, haben aber insgesamt weniger Angst vor dem Einfluss der EU auf ihr Leben. Wie kann es denn sein, dass junge Leute der EU gegenüber so viel entspannter eingestellt sind? Setzen sie sich vielleicht anders mit Informationen über die EU auseinander?

Schaut man auf die Art und Weise, wie sich junge und ältere Leute über die EU auf dem Laufenden halten, dann zeigen sich in der Tat einige bemerkenswerte Unterschiede.Sowohl bei jungen als auch älteren Leuten ist das Fernsehen das am häufigsten genannte Medium, in dem man etwas über die EU hört. Aber das Fernsehen ist deutlich beliebter bei den Leuten über 35 Jahren. Junge Leute schauen zwar auch Fernsehen, aber sie suchen sich Informationen vor allem aus mehreren und unterschiedlichen Quellen zusammen. Online-Angebote wie Informations-Webseiten (38%) oder offizielle Regierungswebseiten (30%) zum Beispiel. Die sind bei den älteren weitaus weniger beliebt (nur 24 und 19% jeweils). Auch soziale Netzwerke spielen für junge Leute eine Rolle, wenn auch nur für ungefähr ein Viertel von ihnen (24%). Für einen Großteil der älteren Generationen sind die aber (noch?) irrelevant – nur sieben Prozent nutzen sie. Dagegen sind bei jungen Leuten Tageszeitungen – immerhin Informationsquelle Nr 2 unter den Über-34-Jährigen! – eher out. Nur 17% nutzen die, um sich über die EU zu informieren.

 

 

[5]   Eurobarometer 88.3, „Wenn Sie Informationen über die EU, ihre Politik, ihre Institutionen suchen, welche der folgenden Quellen nutzen Sie?“

Zusammengefasst

 

  • Junge Leute haben ein ähnlich hohes Interesse an den Europawahlen wie ältere Generationen.
  • Die Themen Klimaschutz und Einwanderung sind sowohl für junge als auch für ältere Menschen gesetzt für den Europawahlkampf. Junge Leute möchten danach aber eher, dass über die Rolle der EU im Schutz der Menschenrechte diskutiert wird. Auch der Schutz persönlicher Daten ist jungen Leuten tendenziell wichtiger als älteren. Der Schutz der EU-Außengrenzen ist ihnen weitaus weniger wichtig als älteren Menschen.
  • Junge Leute sind weitaus entspannter und machen sich deutlich weniger Sorgen über wirtschaftliche oder kulturelle Einflüsse der EU.
  • Junge Leute nutzen mehr und unterschiedliche Kanäle, um sich über die EU zu informieren, als ältere Generationen. Bei denen zählt noch der Dreisatz Fernsehen, Radio, Tageszeitung, während junge Leute deutlich mehr auf online Medien setzen.

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