Quelle: artfocus/Fotolia.com
#NICHTWURST

Fleisch ohne Tiere

We-like Wiesel, 10 Jahre

#wunderwiesel #wassertrinker #weltenbummler

Stellt euch mal vor, jeder Mensch könnte Fleisch essen und kein einziges Tier müsste dafür sterben. Unvorstellbar? Science Fiction? Ein Traum? Nein – fast schon Realität! Einige Forscher und vor allem auch Tierschützer und vegane Aktivisten sind davon überzeugt, dass künstlich hergestelltes Fleisch viele Probleme mit einem Mal lösen könnte.

Das Steak aus dem Labor, das sogenannte In-vitro-Fleisch (von lateinisch in vitro, „im Glas“), könnte vieles verändern: Generell würde weniger Vieh benötigt, weniger Wälder für die Gewinnung von Weidefläche würden gerodet werden und klimaschädliches Methangas, welches entsteht, wenn die zahllosen Tiere verdauen, würde auch nicht mehr so viel freigesetzt werden.

Bulette für 250.000 Dollar

„Das Leben ist aber kein Konjunktiv“, haben sich wohl ein paar Forscher aus den Niederlanden gedacht und stellten 2013 erstmals eine synthetische Fleischbulette vor (Frikadelle, Fleischpflanzerl, ihr wisst schon). Seitdem hat sich einiges getan. Damals ließ der Geschmack noch etwas zu wünschen übrig und diese eine Bulette kostete etwa 250.000 Dollar. Heute gehen die Forscher und einige Investoren davon aus, dass das künstliche Fleisch in drei bis vier Jahren schon marktreif ist.

Revolution braucht Zeit

Diese Fleischkulturen aus dem Glas werden aus Muskelstammzellen von Rindern hergestellt. In den sogenannten Bio-Reaktoren, in denen optimale Bedingungen für das Wachstum der Kulturen herrschen, teilen sich die Zellen, bis ein künstliches Muskelgewebe entsteht. Wenn alles glatt läuft, könnten in einer Kultur theoretisch innerhalb von 50 Tagen 10.000 Kilogramm Fleisch entstehen. Für den Geschmack wird in Zukunft dann noch künstliches Fett, ebenfalls aus Zellen von Rindern gewonnen, hinzugefügt. Die Holländer rechnen dann mit einem Burger-Preis zwischen zehn und elf Dollar. Auch in den USA und Israel gibt es mittlerweile Firmen, die marktfähiges Fleisch aus dem Glas herstellen wollen.

Zugegeben: Bis sich aus diesen ersten Schritten eine große, weltweite Industrie entwickelt hat und auch ärmere Regionen der Welt davon profitieren – und natürlich auch unser Klima – wird es noch etwas länger dauern. Und es steht auch noch im Raum, ob die Konsumenten überhaupt massenhaft Labor-Fleisch essen würden. Der Gedanke daran ist ja schon etwas komisch, oder? Eine potenzielle Alternative zum Soja-Hühnchen entwickelt sich hier aber allemal!

#NICHTWURST

Mehr Fleisch = weniger Wasser?

We-like Wiesel, 10 Jahre

#wunderwiesel #wassertrinker #weltenbummler

Wasser ist das wichtigste Lebenselixier. Jedes Lebewesen braucht Wasser. Und trotzdem gehen wir nicht besonders pfleglich damit um. Das nutzbare Wasser auf der Erde wird immer weniger – Gründe sind der steigende Verbrauch und natürlich die Verschmutzung. Aber auch unser Essverhalten, und vor allem unser Fleischkonsum, tragen dazu bei, dass das Wasser in Zukunft knapp werden könnte.

Der weltweite Süßwasserverbrauch hat sich im vergangenen Jahrhundert verachtfacht. Das liegt vor allem an dem starken Bevölkerungswachstum. Zurzeit steigt der Wasserverbrauch dadurch jedes Jahr um ein Prozent. So kommt es, dass ein Drittel der Menschheit nicht genug Wasser hat. Seen und Flüsse werden immer mehr verschmutzt. Über eine Milliarde Menschen können sich nicht mit sauberem Trinkwasser versorgen. Es gibt sogar schon Wissenschaftler, die überlegen, ob man nicht eine weltweite Grenze für Wasserverbrauch festlegen muss.

Viehfutter als Wasserkiller

70 Prozent des Wasserverbrauchs der Menschen gehen auf die Rechnung der Landwirtschaft – und damit kommen wir auch zum Fleisch. Denn wiederum ein Drittel davon wird für die Nutztierhaltung gebraucht! Das liegt allerdings nicht etwa daran, dass Schweine oder Kühe so viel trinken würden, nein – es liegt an ihrem Futter.

Laut der Umweltorganisation WWF (World Wide Fund For Nature) werden für die Herstellung von einem Kilo Rindfleisch durchschnittlich rund 15.500 Liter Wasser gebraucht. Das ist ein kleiner Swimmingpool. Und der Großteil des Pools wird für die Bewässerung der Futterpflanzen benötigt. Etwas konkreter? 2016 hat der durchschnittliche Deutsche 9,7 Kilogramm Rindfleisch gegessen. Das heißt, dass jeder Deutsche allein im einem Jahr schon zehn Swimmingpools voll Süßwasser, nur für seine Rindersteaks verbraucht.

Wasserverschmutzung = Wasserknappheit

Das US-amerikanische Worldwatch Institute hat die Befürchtung, dass der Fleischkonsum weiter rasant ansteigt und dass sich dadurch der Wasserbedarf für Viehfutter in 30 Jahren schon verdoppelt haben könnte.

Ein weiter Zusammenhang zwischen Fleisch und der Wasserknappheit ist die Wasserverschmutzung: Düngemittel für die Futterpflanzen und Gülle der Tiere belasten das Grundwasser sehr stark mit Nitraten, Phosphor und Arzneimittelresten (oft Antibiotika, die den Tieren verabreicht werden). Dreiviertel des Trinkwasseraufkommens wird in Deutschland aus dem Grundwasser geschöpft, welches sehr unter der Verschmutzung leidet. In anderen Teilen der Welt sieht es noch viel schlimmer aus.

Mit Wasser solltet ihr generell sparsam sein, ist klar. Aber nicht nur beim Duschen oder Zähneputzen sollten wir den Wasserhahn im Auge behalten – auch beim Burgeressen geht es – indirekt – um das lebenspendende Nass.

Quelle: MikeRenpening
#ONLIFE

QUIZ: Offline überleben

Quelle: jungagiert e.V.

Florentina, 29 Jahre

#neugierig #reisen #schreiben

Quiz: Offline überleben

Wie weit würdest du ohne dein Handy kommen? Mach den Test!

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Quelle: Privat
#ONLIFE

"Virtuelle Freunde enttäuschen"

Quelle: jungagiert e.V.

Leo, 32 Jahre

#küstenkind #eisverkäufer #algenfan

Was macht echte Freunde aus? Jugendforscher Ingo Leven weiß, wie uns Menschen nah sein können.

Sie als Freundschafts-Experte: Was ist eigentlich ein Freund?

Eine Freundschaft besteht im nahen sozialen Umfeld. Freunde sind Menschen, denen man sich anvertrauen kann. Bei denen man sich auch mal fallen lassen und über die Dinge sprechen kann, die einen beschäftigen. Den meisten sind Spaß, Vertrauen und Zusammenhalt in einer Freundschaft am wichtigsten.

Ändert sich unser Verständnis von Freundschaft durch Social Media?

Schauen wir uns das alltägliche Verhalten an: Das Miteinander von Freunden im Real Life und das Chatten muss unterschieden werden. Chatten ist eher eine lose und unverbindliche Kommunikation. Viele haben aber das Gefühl, ständig online sein zu müssen, weil sie sonst etwas verpassen könnten. Manche Eltern geben es jetzt schon auf, ihren Kindern das Smartphone am Esstisch zu verbieten. Andererseits kann man durch soziale Medien aber auch mit Freunden in Kontakt bleiben, die tausende Kilometer entfernt wohnen.

Social Media hat also teilweise positive Auswirkungen auf Freundschaften.

Ja, man kann einfach viel mehr Leute an seinem Leben teilhaben lassen – zum Beispiel Jugendliche, die Familie im Ausland haben. Man kann Bilder hochladen oder einen Blog schreiben. Das sorgt für eine Nähe zu den Freunden oder Verwandten – auch wenn man sich nur ein- oder zweimal auf Familienfeiern getroffen hat.

Was halten Sie von rein virtuellen Freundschaften?

Ich glaube, dass sie bislang eher Randphänomene sind. Meistens haben digital geführte Freundschaften auch einen Bezugspunkt im echten Leben, denn Freundschaften sind ja ein wesentlicher Bestandteil unseres Alltags. Man kommt beispielsweise in die Schule und findet fast zwangsläufig Freunde im Klassenverbund. Oder man findet Freunde in seiner Freizeit, beim Sport oder wenn man sich gemeinsam mit anderen künstlerisch betätigt. Doch das wird sich ändern: In Zukunft wird es mehr rein virtuelle Freundschaften geben, die dann durchaus auch das ganze Leben halten können. Denn sich in echt über den Weg zu laufen, ist heute bei all den sozialen Medien ja nicht mehr unbedingt erforderlich. Wichtig ist aber zu betonen, dass auch virtuelle Freundschaften gemeinsame Interessen als Grundlage brauchen: Man steht etwa auf dieselben Manga-Comics oder spielt das gleiche Online-Game.

Gibt es denn auch Gefahren bei rein virtuellen Freundschaften?

Ja, beispielsweise wenn man sich im Netz über ein gemeinsames Hobby oder Interesse kennenlernt und dann vielleicht etwas auf die virtuelle Person projiziert, was gar nicht stimmt. Trifft man diese Person dann schließlich auch im echten Leben, kann man leicht enttäuscht werden, weil dieser Mensch dann doch gar nicht so sympathisch ist, wie man dachte.

Was können weitere Gefahren von virtuellen Beziehungen sein?

Neben der Enttäuschung beim echten Treffen, kann es auch zu Cybermobbing kommen. Wenn sich jemand einem vermeintlichen Freund anvertraut und zum Beispiel sagt, dass er wegen einer schlechten Schulnote niedergeschlagen ist, kann der falsche Freund daraufhin einen Screenshot der Nachricht in einer Whatsapp-Gruppe oder woanders verbreiten. Und schon denken alle: Was ist denn mit dem los? Schafft der die Schule etwa nicht? Bei so einem Vertrauensmissbrauch geht eine Freundschaft schnell in die Brüche – allerdings auch eine offline geführte.

Worin sehen Sie die größte Herausforderung bei virtueller Freundschaft?

Die sehe ich in den unterschiedlichen Erwartungshaltungen. Viele fühlen den Druck, ständig aufs Smartphone schauen zu müssen, weil sich die andere Person eine direkte Reaktion wünschen könnte. Von engen Freunden erwartet man ja mitunter Messenger-Antworten innerhalb von Sekunden, während man bei anderen Freunden und bei Bekannten gelassener ist. Da fühlt man sich up to date, wenn man nur passiv ihre Posts verfolgt. Freunde sollten also untereinander klären, wie sie miteinander kommunizieren möchten.

Über Ingo Leven:

Ingo Leven ist Co-Autor der Shell-Jugendstudie 2015. Für die repräsentative Studie wurden 2.558 Jugendliche im Alter von 12 bis 25 Jahren aus den alten und neuen Bundesländern zu ihrer Lebenssituation und ihren Einstellungen befragt.

Quelle: geralt/ pixabay.com
#ONLIFE

"Chaos wird schlimmer"

Quelle: jungagiert e.V.

Florentina, 29 Jahre

#neugierig #reisen #schreiben

Im Interview spricht der Blogger und Buchautor Michael Seemann darüber, wie und warum wir im Internet die Kontrolle verlieren müssen und wer davon profitiert.

Wie viel Zeit verbringen Sie täglich im Netz, und womit?

Ich habe immer mein Smartphone dabei, das mit dem Internet verbunden ist, also richtig offline bin ich eigentlich nur, wenn ich kein Netz habe. Addiert man die Zeit auf, die ich aktiv im Internet bin, sind das sicherlich neun bis zehn Stunden pro Tag. Ich lese dort Artikel, recherchiere und beantworte Nachrichten.

In der Beschreibung Ihres Projekts „ctrl+verlust“ (http://www.ctrl-verlust.net/uber-dieses-blog/) heißt es: „Dieser Blog erzählt von den diversen Kontrollverlusten im digitalen Raum und warum sich das lohnt.“ – Wo verlieren Sie täglich die Kontrolle?

Im Endeffekt beginnt der Kontrollverlust ja schon, wenn ich irgendwas im Internet veröffentliche. Das Veröffentlichen ist also eine Schwelle, nach deren Übertreten ich den Kontrollverlust akzeptieren muss. Denn andere Leute können meine Veröffentlichungen aufnehmen und damit etwas anstellen, das ich nicht kontrollieren kann. Aber tatsächlich verläuft dieser Prozess meistens positiv: Informationen von mir werden dankbar aufgenommen und weiterverbreitet.

Würden Sie sagen wir werden nachlässiger mit den Daten, die wir online teilen?

Wir haben die letzten zehn Jahre gesehen, dass immer mehr Leute ins Internet gegangen sind und immer mehr Daten veröffentlicht haben. Das passiert immer noch. Allerdings gibt es auch ein verstärktes Bewusstsein darüber, dass es Leute im Internet gibt, die Informationen und Dateien absaugen, um eigene Vorteile zu haben. Ein Beispiel dafür ist der Bereich Online-Werbung. Doch obwohl es dazu eine Debatte gibt, habe ich nicht das Gefühl, dass sie zu veränderten Handlungen führt. Die Leute reden gerne darüber, wie schlimm es ist, ihre Daten aus der Hand zu geben, aber eigentlich tun sie nichts dagegen.

Für wen kann es gefährlich werden, wenn Daten unkontrollierbar im Netz umherwabern?

Brenzlig kann es zum Beispiel werden für Menschen, die in einer hohen politischen Position sind. Wenn Dinge rauskommen, die ihrem Image schaden, kann das zum Karriereende führen. Im Endeffekt besteht Gefahr durch Kontrollverlust für jeden, der nicht frei ist zu tun, was er will, weil er bestimmten Erwartungen entsprechen muss.

Wer  sind die Gewinner des digitalen Kontrollverlusts?

Das lässt sich noch nicht sagen. Gewinner sind erst mal die Betreiber von Plattformen wie Google. Man kommt ja kaum mehr ohne aus. Auch die Zivilgesellschaft hat momentan sehr viel mehr Möglichkeiten, als sie noch vor ein bis zwei Jahrzehnten hatte –  sich zu organisieren, politisch aktiv zu werden, Einfluss zu nehmen. Momentan wirkt sich das in meinen Augen überwiegend positiv aus, aber ich würde nicht darauf wetten, dass das so bleibt. Pegida beispielsweise war am Anfang ja eine Facebook-Gruppe. Die Organisationsmöglichkeiten werden also auch von denen benutzt, die man nicht so gerne am langen Hebel sehen möchte. Ich habe auch das Gefühl, dass in diesem Umbruch eine Menge Ordnungs-Institutionen zu Bruch gehen werden und daraufhin Chaos einzieht.

Hätten Sie ein paar Beispiele parat?

Wir sehen das in vielen Bereichen: Wikipedia hat die Lexika-Unternehmen in die Pleite getrieben, Google mit Maps die Kartendienstleister, und nimmt nun zunehmend auch die Newsportale ins Visier. Dazu macht sich Uber gerade über das Taxigewerbe her und Airbnb über die Hotelbranche.

Und warum führt das zu Chaos?

Chaos entsteht, weil die Informationen immer freier fließen, ohne dass es genug Institutionen gibt, die sie regulieren können. Fremdenfeindliche Postings auf Facebook sind ein Beispiel dafür. So verändert sich gerade überall sehr viel und der Staat und seine Institutionen sind mit diesen Veränderungen ständig überfordert. Das Chaos wird anhalten beziehungsweise schlimmer werden, bis es neue Institutionen gibt, die mit dem Kontrollverlust besser umgehen können.

Kann ich irgendetwas tun?

Die wichtigste ist eigentlich relativ offensichtlich: Du kannst nicht gegen jeden Kontrollverlust gewinnen. Das heißt: Scheitern werden Strategien, die darauf ausgelegt sind, den Kontrollverlust aufzuhalten oder ihn zu regulieren. Der Kontrollverlust ist eine Tatsache, die man in seiner Strategie einberechnen muss.

Über Michael Seemann:

Michael Seemann studierte Angewandte Kulturwissenschaft und ist seit 2005 mit verschiedenen Projekten im Internet aktiv. 2010 begann der 38-Jährige mit dem Online-Blog „ctrl+verlust“, in dem er über den Verlust der Kontrolle über die Daten im Internet schreibt. Zu diesem Thema veröffentlichte er vier Jahre später ein Buch mit dem Titel „Das Neue Spiel. Strategien für die Welt nach dem digitalen Kontrollverlust“. Heute ist Seemann als freier Journalist tätig und hält Vorträge zu verschiedenen Themenbereichen des Internets.

Quelle: freshidea / Fotolia.com – bearbeitet durch Minax Intermedia GmbH & Co. KG.
#ONLIFE

Das macht unruhig

Quelle: jungagiert e.V.

Florentina, 29 Jahre

#neugierig #reisen #schreiben

Eva Jaeggi ist über 80 – das Interview hat sie per Skype geführt. Florentina verrät die Entwicklungspsychologin was bei Identitätskrisen hilft.

Frau Professor Jaeggi, Sie haben angeboten, das Interview per Skype zu führen. Es fällt Ihnen anscheinend leicht, sich auf neue technische und soziale Situationen einzustellen.

Immer von der Not getrieben. Meine Familie ist derzeit in Amerika, da habe ich gedacht: „Naja, dann muss ich ja wohl.“ Aber ich finde skypen nicht so angenehm, weil man da immer so hässlich aussieht. Immer muss ich schauen, ob meine Haare auch richtig sitzen. Generell denke ich aber über die modernen technischen Mittel: Letztendlich ist das alles kein Kunststück. Als ich beispielsweise meinen Laptop bekommen habe, war das anfangs eine komplett neue Welt für mich. Nach etwa drei Stunden habe ich dann begriffen, was das für ein Geschenk ist. Mir wurde alles gezeigt und ich dachte: Das ist mein Instrument!

Was sagen Sie als Expertin für Entwicklungspsychologie: Wie wird man, wer man ist?

Das, was man „Identität“ nennt, setzt sich aus ganz unterschiedlichen Quellen zusammen. Da gibt es natürlich die ganze Kindheit und Jugend, während der einem von Eltern, Lehrern oder Geschwistern immer wieder bestimmte Dinge zugeschrieben werden. Und auch später, etwa im Berufsleben geht das so weiter. Einem wird also das ganze Leben von anderen vorgegeben, wie man wirkt – das sind gesellschaftliche Zuschreibungen. Ganz verschiedene Faktoren verbinden sich so zu einem Bild einer Person, das allerdings sehr unsicher ist. Die wenigsten Menschen können ganz sicher von sich sagen: „Ich bin so und so.“

Kommt denn nicht irgendwann auch ein Zeitpunkt, an dem man sagen kann: Ich habe meine Identität gebildet und bin jetzt fertig?

Nein, ich denke, Identität ist ein dynamischer Prozess, der sich immer ändern kann. In jeder Lebensphase sagt einem auch die Gesellschaft immer wieder etwas anderes. „Du bist jetzt alt, du bist nicht mehr zur Arbeit zu gebrauchen!“, so ein Urteil etwa kann die Identität eines arbeitstüchtigen Menschen auch spät im Leben noch verändern.

Hat die Nutzung von Facebook und anderen sozialen Netzwerken Auswirkungen auf unsere Identität?

Ich denke, dass sie in der Identitätsbildung immer wichtiger werden, da sich die Menschen immer mehr von dem dauernden Feedback beeinflussen lassen. Dieses permanente Draufgucken – Wie kommen Äußerungen von mir an? Was sagen die anderen? Bekomme ich die berühmten Likes oder nicht? – ist ein aufgeregter Prozess. Ich glaube, das ist für viele Menschen eher irritierend als beruhigend.

Sie bewerten die Nutzung von Facebook und Co. also eher als negativ für die Identitätsbildung?

Ich sehe Facebook sehr kritisch. Junge Leute erzählen mir immer wieder, dass sie eigentlich permanent in Unruhe sind, weil sie immer wieder dort reingucken müssen. Dabei sind sie in  Bezug auf ihre Identität ja noch unsicher und sollten deshalb nicht Tag für Tag ausprobieren, ob sie und ihre diversen Meinungen und Gewohnheiten auch anerkannt werden oder nicht. Das irritiert ungeheuer und lässt keine Stabilität aufkommen. Identitätsbildung geht langsam vonstatten, braucht vertraute Personen und nicht 100 Facebook-Freunde. Insofern sind die sozialen Medien total störend für die Entwicklung und ich würde Kindern verbieten, auf Facebook zu gehen. Eine gefestigtere Persönlichkeit kann das aber natürlich beherrschen. Man ist ja nicht ausgeliefert und muss ununterbrochen sein Handy bei sich tragen oder vor dem PC sitzen.

Was würden Sie jungen Menschen empfehlen, die so eine Unruhe verspüren?

Handy abschalten und nur zu bestimmten Zeiten benutzen.

Wie wichtig ist denn die Pubertät für die Identitätsbildung?

Die Pubertät ist eine der wichtigsten Schwellen in der Persönlichkeitsentwicklung, wobei die Veränderung sehr rasch vonstatten gehen können. Das überfordert viele Jugendliche und sie wissen gar nicht mehr, wie sie sich verhalten sollen. Es gibt in vielen Pubertätsverläufen große Turbulenzen. Und da kann sich unter Umständen bei einem friedlichen, glücklichen Kind ein recht problematischer Erwachsener herausbilden – oder umgekehrt.

Gibt es bei der Identität auch Unterschiede zwischen Jungen und Mädchen?

Ja, es gibt natürlich die spezifisch weiblichen und männlichen Fragen. Was ich als Frau oder Mann wert bin, das hängt ganz stark von den in einer Gesellschaft vorherrschenden Rollenbildern ab. Für Frauen ist vor allem die Frage wichtig: „Sehe ich attraktiv aus?“ Man will ja von Männern akzeptiert werden. Bei denen sind ganz andere Qualitäten gefragt; sie setzen hauptsächlich auf ihre körperlichen Fähigkeiten. Unter Einsatz ihrer Kraft und Energie wetteifern sie darum, wer ist der Beste ist.

Denken Sie, dass junge Menschen es heutzutage im Vergleich zu früher leichter oder schwerer haben, herauszufinden, wer sie sind?

Schwer zu sagen, es gibt heute einfach andere Probleme. Früher, als Frauen sehr jung verheiratet wurden und noch vor ihrem 20. Lebensjahr Kinder bekamen, hatten sie gar nicht so einfache Lebensschicksale. Da musste man schon innere Standhaftigkeit haben. Ich möchte als Frau eigentlich nur im 21. Jahrhundert leben.

Was oder wen brauchen junge Menschen, um bei der Identitätsfindung genug Stabilität zu haben beziehungsweise um sich nicht in die „falsche“ Richtung zu entwickeln?

Stabile Bezugspersonen in der Kindheit, das Gefühl respektiert zu werden und das allgemeine Gefühl: So wie ich bin, das ist schon in Ordnung. – Das sind wichtige Stützpfeiler einer gefestigten Person. Aber man muss dazu sagen, dass es auch aus sehr schwierigen Verhältnissen kommende Menschen gibt, die trotzdem eine sehr gute Entwicklung nehmen. Solche Personen sind im Stande, jeden noch so kleinen Rettungsanker zu ergreifen. Das sind sogenannte Glückskinder. Ich hatte einmal eine Patientin aus miserablen Verhältnissen, die sich wunderbar herausentwickelt hat, weil sich eine Bibliothekarin ihrer angenommen hat. Sie hat ihr immer mehr Bücher gegeben. Das hat dazu geführt, dass das Mädchen immer mehr gelesen und sich in der Schule verbessert hat.

Welche Erlebnisse waren denn für Sie persönlich prägend für die Identitätsfindung?

Ich habe eine sehr verehrte Lehrerin gehabt. Sie war die erste wirklich intellektuelle Frau in meinem Leben, die mir die Bedeutung von klugen Fragen gezeigt hat. Das hat auf mich schon sehr großen Eindruck gemacht. Natürlich haben mich auch einige Freunde und Freundinnen geprägt und ganz sicher meine sehr liebevolle Mutter. Sie hat mir zweifelsohne immer vermittelt, dass ich schon richtig bin.

Über Prof. Dr. Eva Jaeggi:

Eva Jaeggi wurde 1934 in Wien geboren, studierte Psychologie und absolvierte zusätzlich eine Ausbildung in Verhaltstherapie. Danach leitete sie die psychologische Beratungsstelle an der Universität in Bochum, bis 2000 unterrichtete sie an der Technischen Universität in Berlin. 2014 veröffentlichte sie ein Buch zum Thema Identität mit dem Titel: „Wer ich bin? Frag doch die anderen. Wie Identität entsteht“.  Heute hat die 81-Jährige an der Berliner Akademie für Psychotherapie (BAP) die Leitung für den Fachbereich tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie inne.

Quelle: Privat – bearbeitet durch Minax Intermedia GmbH & Co. KG.
#ONLIFE

Ich bin nicht perfekt

Quelle: jungagiert e.V.

Lara, 33 Jahre

#frohnatur #bloggerin #wanderlust

Eine Instagramerin verkündet weinend ihren Ausstieg aus der Scheinwelt und der Social Media Planet bebt. Bloggerin Madeleine von DariaDaria hat die Debatte um Filter-Fakes zum Anlass für ein ganz besonderes Fasten genommen und Lara von ihren Erfahrungen berichtet. 

Nicht alles wahres Gold, was glänzt

Dass wir auf sozialen Plattformen ein wenig mogeln, wenn es um unsere Selbstdarstellung geht, ist menschlich. Doch gerade auf Blogs, YouTube und bei Instagram wird immer wieder aufgedeckt, wie viel Werbung in Form von sogenannten Product Placements sich in den vermeintlich persönlichen Empfehlungen der Social-Media-Stars versteckt. Sie werden teuer dafür bezahlt, Marken zu nennen, Produkte scheinbar alltäglich zu „nutzen“ und ihre getragenen Kleidungsstücke auf Fotos direkt zum Shop zu verlinken. Doch auch jenseits dieser geschäftlichen Komponente ist nicht alles wahres Gold, was glänzt. Wer schon einmal sein eigenes Essen mit den Speisen in seinem Newsfeed verglichen hat, weiß: Bis Messer und Gabel richtig liegen, die Falte im Tischtuch begradigt und der Spritzer am Tellerrand beseitigt sind, vergehen Minuten. Mit der Wahrheit hat das wenig zu tun.

"I’m quitting social media for my 12 year old self"

Wer diese Zeit in sein Mittagessen und sein bestes Selfieface investiert, dem winken jedoch Ruhm, Geld und die Bewunderung tausender Follower. Im Falle des australischen It-Girls Essena O’Neill mischten sich unter diese Reize noch eine große Portion jugendliche Unsicherheit und der Neid auf ihre Social-Media-Vorbilder. Sieben Jahre nach ihrem Eintritt in diese Welt des Scheins – O’Neill war damals erst zwölf Jahre alt – macht sie Schluss mit ihrer Jagd auf Follower und Likes und bekennt: Social media is not real life. Sie unterfüttert diese scheinbar offensichtliche Tatsache mit nachträglich bearbeiteten Bildunterschriften ihres Instagramaccounts, in denen sie die wahren Begebenheiten der vermeidlichen Schnappschüsse darlegt. Anschließend wird der Account auf „privat“ gestellt und ihr enorm erfolgreicher YouTube-Kanal gelöscht. In einem Erklärungsvideo erzählt sie von dem Traum ihres Zwölfjährigen Ichs, durch Popularität in sozialen Medien glücklich zu werden und sich so auch selbst zu akzeptieren. Sieben Jahre und etliche Kooperationen später gesteht sie sich unter Tränen ein, dass der Inszenierungswahnsinn sie keinesfalls glücklich, sondern sogar depressiv gemacht habe.

Filterfasten mit Dariadaria

Auf sozialen Medien gegen die Gesetze eben jener kämpfen – O‘Neills Vorgehen wurde online ruck zuck kritisiert, zumal sie im gleichen Zuge auf ihre neue Internetseite aufmerksam machte und nun ein Buch veröffentlichen will. Möge man von der Aktion O’Neills halten, was man will: Reaktionen hat sie alle Mal hervor gerufen. Nahezu jeder Fashion- oder Lifestyleblogger äußerste sich anschließend zum Thema Authentizität im Netz. Die Österreicherin Madeleine beispielsweise, die mit ihrem Blog DariaDaria sehr erfolgreich ist, antwortet mit einem Hashtag auf die meterhohe Welle, die O’Neills Austritt entfachte: #truthfullydariadaria. Eine Woche lang postet sie auf Instagram die, im wahrsten Sinne des Wortes, ungeschminkte Wahrheit über sich und ihr Leben. Plötzlich erscheinen Augenringe, unansehnliches Mittagessen und unordentliche Kleiderständer im Instagramquadrat. Ohne Filter, versteht sich. „Natürlich musste ich bei der Aktion einige Hemmungen überwinden, im Großen und Ganzen ist es mir aber nicht schwer gefallen“, sagt die Vollzeitbloggerin über ihre Aktion. Auf ihrem Blog lässt sie sich ebenfalls ausführlich zu dem Thema aus und stellt plakativ ihre eigenen Bilder gegenüber – ein mutiger Schritt für die 26-Jährige. Als Leser schluckt man nämlich schon aufgrund des Direktvergleichs und wird sich abermals bewusst: Ja, soziale Medien haben verdammt wenig mit der Realität zu tun. Aber ist das schlimm? Wollen wir die Wahrheit überhaupt sehen? Ist es befreiend, dass Blogger auch mal unansehnliche Suppe schlürfen, anstatt sich nur von honigbeträufeltem Joghurt mit frischen Beeren zu ernähren? Oder mögen wir das Ästhetische doch lieber als die Wahrheit? Ist es schön, zu wissen, dass Blogger doch keine kleinen Wunderwichtel haben, die sie morgens schminken, sondern dass auch sie mal müde und nur mit Filter gut aussehen? Bringt O’Neills dramatischer Austritt damit die Online-Community ein Stück zusammen und der Wahrheit einen Schritt näher?

Der Rubel rollt weiterhin

Eins ist sicher: Die Firmen, die ihre Produkte durch Social Influencer „natürlich“ in Szene setzen möchten, sind nicht sehr erfreut über das neue Bewusstsein, dass O’Neill zu verbreiten versucht. Product Placement ist eine einfache, moderne und vergleichsweise kostengünstige Werbemaßnahme, mit der die Jugend perfekt angebrochen wird. „Geldgeber und Sponsoren haben meine Aktion weder kommentiert, noch hat es meine Arbeit beeinflusst“, widerspricht Madelaine von DariaDaria. Die Regel wäre das wohl aber nicht: Zum Einen war #truthfullydariadaria nur ein kurzes Experiment mit absehbarem Ende, zum Anderen gilt Madelaine ohne hin als äußerst authentische und ökologisch sowie sozial engagierte Bloggerin, die vegane Schminke verwendet und in Wien ehrenamtlich Suppe austeilt. Trotzdem habe die Aktion ihr Verhältnis zu ihren Lesern verändert: „Vielen ist nun klar geworden, dass ich eine stinknormale Frau mit stinknormalen Problemen bin.“

Einfach das Schöne einfangen

Wie es mit jedem Trends ist, fand auch O’Neills Aufruf ein schnelles Ende. Schon nach wenigen Tagen dominiert ästhetische Perfektion wieder jeden Stream. Blogger und Vlogger veröffentlichen wieder finanzierte Liebeserklärungen an Produkte und verleiten so zum Kauf. War O’Neill also nur eine kurz-währende Erinnerung an den #fake, der online herrscht? Angela von AngelaDoe äußert auf Instagram eine schöne Alternatividee zur gnadenlosen Ehrlichkeit: „Ich finde, es ist nicht unbedingt notwendig, seinen gesamten Instagram-Account umzukrempeln und unschöne Snapshots zu posten, nur um „echt“ zu sein. Lieber echte, schöne Dinge fotografieren.“ Das ist doch mal eine Idee!

Quelle: minax
#ONLIFE

"Ich reise für mich"

Quelle: jungagiert e.V.

Leo, 32 Jahre

#küstenkind #eisverkäufer #algenfan

Reisebloggerin Marianna war als Backpackerin in Südostasien und als „Revolutionstouristin“ in Ägypten. Mit Leo spricht sie über Glücksgefühle und Krisen unterwegs.

 

Der Untertitel deines Blogs lautet „Reisen macht glücklich“. Da geben dir sicher die meisten recht. Aber was genau ist es, das dich am Reisen glücklich macht?

In erster Linie ist es die Befriedigung von Neugier. Wenn man nach und nach die Eigenarten der Kultur eines fremden Landes kennenlernt und beginnt, das Land besser zu verstehen. Das macht mich glücklich.

Auf welchem Weg finden deine Reiseerlebnisse ihren Weg in den Blog? Hast du Laptop oder Tablet immer dabei, schreibst du erst mit der Hand – oder wie läuft das ab?

Unterschiedlich. Früher habe ich noch vieles per Hand aufgeschrieben – heute habe ich berufsbedingt immer meinen Laptop dabei. Aber meine Berichterstattung ist in den seltensten Fällen live. Denn meine Reiseerlebnisse lasse ich immer erst sacken.

Welche technischen Schwierigkeiten musstest du beim Bloggen auf Reisen bisher meistern?

Da gibt es einige. Zum Beispiel den Upload von Fotos – der kann schon mal zehn Stunden dauern. Da konzentriere ich mich lieber auf meine Reise und arbeite erst, wenn ich wieder zu Hause bin. Aber mein Blog wurde auch schon mal gehackt, so dass über ihn ein Virus verbreitet wurde. Er wurde auch geklont – und lief dann über einen anderen Server.  Das waren bislang die größten technischen Herausforderungen für mich als Bloggerin.

Außer Laptop und Kamera – was hast du unterwegs immer dabei?

Meinen Riesenschal. Der ist ein echter Allrounder. In den kann ich mich einwickeln, wenn es mal kälter ist, und ich kann mich damit auch bedecken – was für Frauen in muslimischen Ländern wichtig ist.

Hattest du schon mal Probleme, Erlebnisse in Worte zu fassen?

Solche „Wow“-Momente habe ich dauernd. Aber wenn ich die nicht perfekt beschreiben kann, stört mich das nicht. Meine Reisen mache ich ja für mich und denke nicht ständig daran, wie ich jedes Erlebnis möglichst gut rüberbringen kann.

Auf Reisen gibt es ja oft Hochs und Tiefs: Was war einer deiner schönsten und einer deiner schlimmsten Momente bislang?

Mein schlimmstes Erlebnis war wohl der Klassiker: eine Magen-Darm-Infektion in Indien. Dank guter medizinischer Versorgung wurde ich aber schnell wieder fit. Eine besonders schöne Erinnerung habe ich eigentlich nicht, weil alles so toll war. Aber am meisten berühren mich auf meinen Reisen generell die interessanten Menschen, die ich treffe – und die Freundschaften, die hin und wieder entstehen.

Das klingt echt nach einem Traumjob. Ist das Bloggen für dich denn überhaupt Arbeit?

Definitiv. Sogar meine Freunde mit einem „normalen“ Job denken manchmal, dass ich nur Urlaub mache. Aber es kann durchaus stressig werden, wenn man für einen Auftraggeber eine Woche auf die Philippinen fahren und eine Menge guter Fotos und zehn Geschichten mitbringen soll. Das unterschätzen vor allem viele Neu-Reiseblogger, die auch kommerziellen Erfolg wollen.

Woran siehst du solchen kommerziellen Blogs ihre Absicht an?

Wenn sie erst ein paar Monate online sind und schon einen fetten Menüpunkt namens „Zusammenarbeit“ haben – mit detailreicher Auflistung aller Kooperationsmöglichkeiten.

Wie hältst du es mit der Werbung – wer darf sich auf deinem Blog präsentieren und wer darf dich einladen?

Für gesponserte Artikel bin ich eigentlich offen – ich führe keine Blacklist mit bestimmten Unternehmen. Bei Einladungen gehe ich eher nach Interesse vor. Pauschalreisen interessieren mich einfach weniger, weil ich lieber auf eigene Faust reise.

Welche anderen Reiseblogs oder Blogs im Allgemeinen liest du derzeit am liebsten?

Reisedepeschen und The Travel Episodes – beide von Johannes Klaus. Auf The Travel Episodes gibt es große Scrollytelling-Reportagen, von denen ich auch eine gemacht habe.

Wenn du nicht gerade bloggst oder reist – was sind deine liebsten Offline-Beschäftigungen?

Ich lese auch gerne noch Gedrucktes – zum Beispiel Literatur aus den Ländern, die ich bereise. Und demnächst kommt noch die Versorgung eines Säuglings dazu – ich bin nämlich hochschwanger.

Wow, Glückwunsch! Wohin möchtest du denn in Zukunft reisen – und welche Pläne hast du für deinen Blog?

Meine nächste Reise – dann zu dritt – geht im Frühsommer nach Griechenland. Ob ich meinen Blog auch mehr auf „Familienreisen“ ausrichte, entscheide ich spontan. Ich hatte nie große Strategien für mein Weltenbummler Mag. Dabei bleibe ich.

Über Marianna Hillmer:

Marianna Hillmer (geboren 1982) wuchs in Hamburg auf und hat griechische Wurzeln. An der Freien Universität Berlin studierte sie Literatur-, Kultur- und Rechtswissenschaften. Derzeit lebt sie in Berlin und arbeitet als selbständige Autorin, Fotografin und Webdesignerin. Ihr beliebter Blog Weltenbummler Mag (ca. 50.000 Besucher im Monat) ist am 14. Januar fünf Jahre alt geworden. Dort berichtet sie über ihre individuellen Reisen in alle Welt – ob nach Ägypten, Japan oder Bayern. Instagram-Account: instagram.com/mariannahillmer

Quelle: minax
#ONLIFE

Dennis: 8.453 Schritte/Tag

Quelle: jungagiert e.V.

Coline, 35 Jahre

#neugier #vagabund #querdenker

Gewicht, Schlaf, Schritte, Blutwerte – all das können wir messen, speichern und auswerten. Coline hat Dennis von was-ist-quantified-self.de gefragt, wozu das gut ist.

 

Dennis, viele Leute vermessen einzelne Körpereigenschaften – wie bist du zum umfassenden Self-Tracken gekommen?

Da spielen verschiedene Faktoren eine Rolle. Ich interessiere mich sehr für neue Technologien und frage mich, was alles damit möglich sein könnte. Das und die Beschäftigung mit der eigenen Persönlichkeit sind wohl die wichtigsten Gründe.

Was ist denn bereits alles möglich? Was kann alles getrackt werden?

Im Grunde genommen können alle körperlichen Parameter gemessen werden. Das beginnt bei den gängigen Größen wie Gewicht, Schlaf und Bewegung. Außerdem ist die Messung von Hormonhaushalt und Blutwerten und des allgemeinen Gesundheitsstatus möglich. Neben diesen körperlichen Faktoren lassen sich aber auch soziale erfassen und auswerten. Selbst Facebook zeigt die Anzahl der Freunde an. Zu den sozialen Komponenten zählen außerdem Interaktionen, Stimmungen, individuelle Einstellungen und Verhaltensweisen sowie Persönlichkeitsmuster.

Im Rahmen dieser Möglichkeiten – was genau vermisst du bei dir selbst?

Ich vermesse auch die Standardmaße wie Körpergewicht und -fettanteil, Puls, Schlafqualität, Bewegung, CO2-Gehalt im Raum sowie die Raumtemperatur. Außerdem tracke ich Parameter, die mein persönliches und mein berufliches Leben beeinflussen. Mit Persönlichkeitstests und Profilen erfasse ich psychologische Daten. Wichtig ist dabei die wissenschaftliche Grundlage. Im beruflichen Bereich ist es für mich interessant zu wissen, wie viel Zeit ich im individuellen Leistungshoch für die wichtigsten Projekte aufwende. Außerdem behalte ich damit meine Finanzen im Überblick.

Das klingt nach einem großen Zeitaufwand und einer noch höheren Datenmenge, die erhoben wird. Gibt es für dich Grenzen? Was würdest du nicht vermessen?

Mir geht es nicht um das Vermessen um des Vermessens Willen. Wenn es kein Ziel gibt, das ich dadurch erreichen kann, wird nichts vermessen. Außerdem denke ich vorher darüber nach, ob und wem ich meine Daten zwangsläufig aushändige. Oft reichen ganz einfach Notizbuch und Stift und so kommen keine privaten Daten unnötig ins Internet.

Kannst du dir unabhängig von den Daten, die über technische Hilfsmittel gesammelt werden, vorstellen, alle über dich selbst gesammelten Daten zu veröffentlichen?

Auch hier steht der konkrete Nutzen im Mittelpunkt. Wenn es einen konkreten Nutzen und dabei ein geringes Risiko gibt, wäre ich nicht abgeneigt. Im Grunde veröffentlichen wir alle jeden Tag kritische Datensätze und verschenken diese auch noch. Und das ist nur die Spitze des Eisberges. Umso wichtiger ist es, zu überlegen, was man von sich aus preisgibt.

Und was bringt es?

Der Vorteil, den ich sehe, ist die Selbsterkenntnis. Der Nachteil liegt darin, dass man sich nicht alleine auf die erhobenen Daten verlassen kann. Das ist vergleichbar mit dem Fahren nach Navi – wer sich nur darauf verlässt, steht irgendwann einmal vor einer gesperrten Straße.

Welchen Einfluss hat das „Self Tracking“ auf die Gesundheit?

Ich vergleiche den Einfluss mit Meditation oder bewusster Ernährung – es schafft ein größeres Bewusstsein für sich selbst. Auf der physischen Ebene gibt es die langfristige Möglichkeit, die eigene Gesundheit zu verbessern. Wer zum Beispiel chronisch erkrankt ist, kann Prozesse und Zyklen seiner Krankheit erkennen und besser darauf reagieren.

Die Möglichkeiten und Chancen scheinen vielfältig zu sein, aber gibt es technische oder rechtliche Hürden?

„Quantified Self“ entwickelt sich schnell und agiert deswegen am Rande des technisch Machbaren. Zum Glück entwickelt sich die Technik auch stetig weiter, wird optimiert und miniaturisiert. Rechtlich sieht die Sache anders aus, da sich Gesetze nicht so schnell entwickeln. Es bestehen verschiedene Fragen, zum Beispiel bezüglich der Datensicherheit oder des Rechts auf individuellen Datenschutz. Diese Schwierigkeiten sind auch ethischer Natur.

Technologie und Recht entwickeln sich weiter, was siehst du als absehbare Ziele im Bereich „Quantified Self“?

Ich denke, dass „Quantified Self“ fast unbemerkt Einzug in alle Lebensbereiche halten wird. Das liegt meiner Meinung nach vor allem an der technologischen Entwicklung – Arbeitsprozesse werden optimiert und am Ende des Tages erhält man die Informationen. Es wird getrackt, ohne dass es sich um bewusstes Tracking handelt.

Und welche Entwicklungen wünschst du dir selbst fürs „Quantified Self“?

Ich würde mir wünschen, dass die Menschen sich bewusster mit Technologie im Allgemeinen und auch mit ihren einzelnen Funktionen auseinander setzen. Nur so können qualifizierte Entscheidungen getroffen werden.

Über Dennis Singh und „Quantified Self“:

Dennis Singh ist IT-Projektmanager, Self-Tracker – Body-Mass-Index 19,3, 8.453 Schritte pro Tag, 2.000 Kalorien Energie pro Tag, 6,1 Stunden Schlaf pro Nacht – und Mitbetreiber der Seite was-ist-quantified-self.de. Sie soll den Austausch über das Thema Selbstvermessung vorantreiben und aufklären.

In der „Quantified Self“-Community, die 2007 von Gary Wolf und Kevin Kelly in der San Francisco Bay Area ins Leben gerufen wurde und mittlerweile weltweit über 100 Splittergruppen hat, treffen sich Techniker, Leistungssportler, Biohacker und persönlich Interessierte. Die Community trifft sich auf internationalen QS-Konferenzen und bei lokalen „Meetups“. Außerdem tauscht man sich über Blogs, soziale Netzwerke und RSS-Feeds aus.

Quelle: Privat – bearbeitet durch Minax Intermedia GmbH & Co. KG
#ONLIFE

Flirtprofil: optimiert

Quelle: jungagiert e.V.

Gustav, 32 Jahre

#fahrradfahrer #tofudresseur #röstzwiebelkoch

Wie man bei Flirt-Apps das Maximum aus sich herausholt? Gustav hat sich von Gurus coachen lassen.

Flirt-Apps gibt es wie Sand am Meer. Bislang bin ich das Knüpfen neuer Bekanntschaften immer betont lässig angegangen, deshalb ist das Business für mich neu und ich muss mich erstmal für eine App entscheiden. Ich nehme die, bei der ich Frauen (und Männer) nach links wische, wenn mir das Foto gefällt – und nach rechts, wenn nicht.

Der Gedanke ist mir fremd, ich gehe ja auch nicht auf Partys und schubse Frauen, die mir nicht gefallen, aber gut. Ich will wissen, welche Tricks ich anwenden muss, um attraktiver zu wirken und einen schnellen Flirt-Fang zu machen. Darauf bin ich nicht selbst gekommen. Eine Firma in München hat mir angeboten, mich zu coachen – gegen Geld. Da konnte ich nicht Nein sagen.

Die Vorbereitung

Mit meinen „Gurus“, wie sich die Flirt-Profis nennen, vereinbare ich eine Testwoche. Ich erstelle ein Profil, wie ich es für richtig halte, und wische drauflos. Es kommt mir vor, als würde ich da Vieh nach Eutergröße beurteilen. Mein Moralbewusstsein kotzt. Dennoch: Mein Profil kommt an.

Offenkundig wirke ich schon unheimlich attraktiv? Sechs Matches in zwei Tagen. Ich bin gespannt, was meine Gurus da noch pimpen wollen. Mir steht das Wasser in den Augen, weil ich das Geld schon überwiesen habe. Egal. Ich werde sie knallhart mit Fragen löchern und muss natürlich auch den Matches investigativ nachgehen. Meine Freunde vernachlässige ich während dieses Experiments. Sie freuen sich, wenn ich nicht aufgebe.

Zwischenbilanz

In der Liste erscheinen Frauen, die mir auf den ersten flüchtigen Blick gefallen haben – und denen ich zu gefallen scheine. Es sind vierzehn nach der ersten Woche. Ob sie ernsthaft interessiert sind, weiß ich nicht. Ich erfahre es auch erstmal nicht, weil ich keinen Antrieb habe, sie anzuschreiben. Was soll ich da denn schreiben? Die Situation ist mir viel zu künstlich, zu oberflächlich.

Dieser Eindruck sei normal, schreibt Matthias*, einer von den Gurus. Er sagt, dass viele Männerprofile oberflächlich wirken und nicht mehr zu bieten haben als Muskelfotos und geklaute Pick-up-Sprüche. „Das kann ich aber verstehen“, schreibt er. Die Flirt-App sei „sicherlich eine der schnellsten Arten der natürlichen Partnerselektion in unserer Zeit. Da man nur wenige Augenblicke hat, in denen man die Aufmerksamkeit des anderen Geschlechts auf sich ziehen kann, ist es notwendig, sich in kürzester Zeit bestmöglich zu vermarkten.“

Die meisten dieser Muskelprotze suchten nicht die Liebe ihres Lebens sondern schnellen Sex. Dafür reiche ein oberflächliches Profil. Denn: „Sie schaffen es, ihre Zielgruppe – einfach gestrickte Frauen – im Bruchteil einer Sekunde auf sich aufmerksam zu machen.“

Das ist nicht meine Welt. Matthias traut mir zum Glück mehr zu: „In deinem Fall – du wirkst auf mich eher intellektueller Natur – würde ich dir empfehlen, dich mit interessanten Hobbys und aufregenden Reisebildern zu schmücken.“ Das erhöhe meinen Wert, mache mich interessanter und geheimnisvoller. „Frauen lieben Geheimnisse und Männer, die es verstehen, ein aufregendes und selbstbestimmtes Leben zu führen“, so Matthias.

Harte Arbeit

Bevor ich manipuliere, muss ich wissen, worauf ich hinauswill. Was für einen Menschen möchte ich kennenlernen? Wie alt ist der Mensch in etwa? Was möchte ich von ihm: One Night Stands, Affären oder eine feste Beziehung? Und was sind meine eigenen „bemerkenswertesten Eigenschaften“? Was macht mich interessant?

Matthias schreibt wieder. Und dieser Typ hat mich durchleuchtet, aber wie: „Wir bauen dein Leben geschickt in dein Profil ein.“ Es folgt eine Reihe von Tipps. Sie beziehen sich zunächst einmal auf meine Bilder. Als erstes Bild nutze ich ein frontales Profilbild, auf dem ich ungestellt lache; ich bin gerade im Urlaub. „Super!“, schreibt Matthias, auch „dein Bart steht dir wunderbar. Ich würde jedoch das rot aus den Backen und aus deinem Gesicht etwas herausnehmen.“ An den Augenringen könnte ich auch noch arbeiten. Fake it!

Ein weiteres Bild zeigt mich, einen Shot trinkend, mit einer Freundin auf einer Wiese. Blauer Himmel. Ehrlicher Gesichtsausdruck. Spaß. Es „unterstreicht dein spannendes Sozialleben und Frauen fühlen sich davon sehr angezogen. Noch besser sei ein Foto im professionellen Kontext, wie ich am PC sitze und Texte schreibe, lässig gekleidet. „Show yourself being excellent in what you do!“ Übertreiben soll ich es mit den Bildern aber nicht. Drei, vier gut ausgewählte würden reichen. Gefällt mir!

In meiner App kann ich auch noch eine sogenannte Tag-Line einfügen, einen flotten Spruch, der Aufmerksamkeit bündeln soll. Vorher hatte ich einfach einen kopiert, den ich ganz witzig fand: „Wir erzählen unseren Kindern einfach, wir hätten uns im Supermarkt kennengelernt.“

Matthias hat Größeres mit mir vor. Ich soll persönlich werden – und romantisch. Was sind meine Leidenschaften, poetisch formuliert und als Dreiklang komponiert? Meine Leidenschaften: die Parallele zwischen Leben und Bühne, die Musik, der Journalismus.“ Damit sollte ich, Matthias zufolge, bei beinahe jeder Frau Neugierde erwecken: „Es trägt nicht dick auf und gibt die perfekten Möglichkeiten für ein Gespräch. Gleichzeitig zeichnet es ein sehr authentisches Bild von dir.“ Okay. Ich folge seinem Rat – formuliere meine passions auf Englisch, weil ich oft unterwegs bin. Und finde sehr wohl, dass es dick aufträgt.

Ein weiterer heißer Tipp: „Fast alle Frauen werden dich vorher im Internet „stalken“. Bei dir findet sich sehr viel unter deinem Namen und das ist auch sehr gut. Das Image, das du in der App von dir zeichnest, sollte also auch in den anderen Medien wie Facebook ersichtlich sein. Einer der ersten Schritte hierzu ist, deine Jugendbilder ohne Bart von Facebook zu entfernen.“ Na toll! Ich ändere Matthias zuliebe die Einstellungen, dass nur noch meine Freunde die alten Bilder sehen können.

Dann komme ich endlich zur „Opening Line“. Nina, eine meiner ersten Matches, steht auf ihrem Bild vor dem Brandenburger Tor und hat eine Wollmütze auf. Ich soll ihr schreiben: „Hallo Nina! Wie verbringst du diesen schönen Tag?“ Oder Anna, sie liegt lachend auf einem Haufen Laub: „Hallo Anna! Was für ein schönes Bild in den Herbstblättern! Wie ist es entstanden?“

Warum, Matthias, so und nicht anders? „Natürlich und echt. Die Art von Frau, die du möchtest und die fürdDich geeignet ist, wird deine Natürlichkeit lieben. Vermeide Smileys, verwende den Namen der Frau und beziehe dich auf etwas Aktuelles wie das Wetter oder auf ihr Profilbild. Rede mit ihr so, wie mit einem Freund, den du schon lang kennst. Frage viel, lass sie viel erzählen und gib ihr ein Gefühl von Bedeutsamkeit.“

Die praktische Umsetzung

Ich habe mich an die meisten von Matthias‘ Hinweisen gehalten und fühle mich unwohl, weil ich mich an einigen Stellen verstellt habe. Ehrlichkeit und Authentizität sind mir wichtig. Nina hat nicht geantwortet, Anna hat geantwortet – zwei Worte: „netter Versuch!“ Ich muss laut lachen. Das passiert also, wenn man sich von seiner eigenen Persönlichkeit entfernt und Verknalltsein in professionelle Hände abgibt.

Mit Josephine klappt es schließlich. Ich befolge den Rat von meinem Guru und lade sie in ein schönes Kaffeehaus ein. Am späten Nachmittag. Dies hat zwei Vorteile: „Zum einen könnt ihr euch gut unterhalten und euch besser kennenlernen. Zum anderen kannst du das Treffen kurz halten, sollte sie nicht Deinen Vorstellungen entsprechen. Oder du dehnst es auf einen Spaziergang oder ein gemeinsames Kochen bei Dir zu Hause aus, sollte sie Deine Traumfrau sein.“

Josephine ist nicht meine Traumfrau. Trotzdem ist sie ein sehr sympathischer Mensch. Sie lacht viel, das hätte ich aus den Informationen in der App nicht herauslesen können. Es dauert keine zehn Minuten, da erzähle ich ihr von meinem Experiment. Keine Sorge, Josephine, hier sind keine versteckten Kameras! Sie sagt, sie schätze meine Ehrlichkeit. Dass es mir wehtut, Menschen wegzuwischen. Dass ich nicht auf meinen Guru höre, sondern meiner Persönlichkeit treu bleibe. Josephine hätte die Chance, zu gehen. Wir sitzen ein paar Stunden und unterhalten uns über das Leben. In echt.

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