Fair handeln in Marokko
Die erste Assoziation, die mir beim Thema Fairer Handel in den Sinn kommt, dreht sich um die klassischen Fair-Trade-Produkte aus dem Supermarkt oder in den Weltläden. Also Produkte, von denen auch die Produzenten und Arbeiter leben können, deren Herkunft mir als Konsument bekannt ist und die sogar ein „Fair Trade“-Siegel besitzen. Diese Siegel bieten einem Orientierung. Aber was ist auf Reisen, beispielweise? Vergangenes Ostern war ich in Marokko. Seit diesem Trip denke ich bei Fairem Handel auch an das faire Handeln: Verhandeln auf dem Markt.
Marokko ist ein Land, das auf den Tourismus angewiesen ist. Die sogenannten Souks, die Märkte beziehungsweise Basare der Innenstädte, sind für Touristen ein Pflichtprogramm. Auf dem Souk erhält man viele Handwerksprodukte, Stoffe, Teppiche, Lampen, Gewürze oder Lederwaren. Fast kein Tourist verlässt den Souk, ohne etwas erstanden zu haben. Doch gerade beim Kauf netter Mitbringsel gibt es einiges zu beachten.
Handeln ist Pflicht
So ist es nicht nur üblich, sondern geradezu Pflicht, um ein Produkt zu verhandeln beziehungsweise zu feilschen, was das Zeug hält. In fast jedem Reiseführer wird darauf hingewiesen, dass es sich bei den angeschriebenen Preisen nie um den Endpreis handelt, sondern dass man den Verkäufer um mindestens 25 Prozent drücken kann.
Wir handeln nicht
Auch wenn es zuweilen anstrengend sein kann, sich wegen 20 Dirham, was umgerechnet circa 2 Euro entspricht, eine viertel Stunde um eine Teekanne zu streiten, hat solches Gefeilsche gerade für uns Mitteleuropäer einen gewissen Reiz. Weil das Verhandeln um kleinere Beträge bei uns sehr unüblich ist und wir nur festgesetzte Preise kennen, beschäftigt man sich als Käufer*in plötzlich viel mehr mit dem Wert eines Produktes und der Motivation es zu kaufen. Ein Prozess, der beispielsweise beim Onlineshopping meistens total verloren geht. Die Verkäufer*innen selbst arbeiten dabei mit einer großen Theatralik und versuchen, den Käufer mit einer vertrauten, persönlichen Atmosphäre zu umgeben – das alles hat seinen ganz eigenen Charme.
Was ist es mir wert?
In den meisten Fällen läuft die Verhandlung auf ein faires Geschäft hinaus. Zumindest in dem Sinn: Man geht als Käufer mit dem guten Gefühl, ein Schnäppchen gemacht zu haben und auch der Verkäufer macht dann meistens doch auch ein gutes Geschäft. Den Wert eines Produktes einzuschätzen, ist allerdings garnicht so leicht. Schließlich geht es nicht ums blinde Herunterhandeln. Als Tourist*in geht man schnell das Risiko ein, unfaire Angebote zu machen, da sich der echte Wert der Produkte schwer einschätzen lässt. Auch weil nicht transparent ist, woher die Produkte tatsächlich kommen, wer sie hergestellt hat und wer am Ende alles mitverdient. Diese Transparenz gehört zu den Grundpfeilern Fairen Handels – den mit Siegeln, wie es ihn bei uns gibt. Die Reise hat mir nochmal gezeigt, wie wichtig das ist. Dass die meisten Preise von vorne herein nicht ernst gemeint sind, habe ich spätestens gemerkt, als ich über den Preis eines Silbertabletts verwundert war, der Verkäufer*innen sofort kam und sagte:
„Sir, that‘s the price for the Americans, I make you a better price.“
Wer unter solcher Preispolitik leidet? Die Händler*innen, die Ware zu ehrlichen Preisen verkaufen wollen. Denn auch auf den Souks kommt es vor, dass Händler*innen eigentlich nicht oder kaum verhandeln möchten. Als Tourist*in wendet man sich dann entweder meistens ab oder die Verkäufer*innen müssen viel zu tiefe Preise hinnehmen, da die Alternative wäre, gar nichts zu verkaufen.
Ehrlich oder nicht?
Die wirtschaftliche Lage in Marokko ist sehr schwankend, viele Menschen sind arbeitslos oder leben am Existenzminimum. Umso unfairer und absurder ist es also, dass die Verkäufer*innen mit den viel zu hohen Preisen wesentlich mehr Profit machen, als die, die ehrliche Preispolitik betreiben. So werden Verkäufer*innen fast gezwungen, ihre Ware zu unehrlichen Konditionen zu verkaufen, nur um sich oder seine Familie versorgen zu können, oder?
Infos sind wichtig
Marokkos Souks mit ihren Gerüchen, Farben und Absurditäten sind ein Erlebnis, eine Überflutung an Reizen, beeindruckend in vielerlei Hinsicht. Und sie haben mir gezeigt, wie wichtig es ist, verlässliche Informationen über Produkte zu bekommen, Unklarheiten zu hinterfragen, um dem tatsächlichen Wert näher zu kommen und so zu einer fairen Verhandlung und einem fairen Handeln beizutragen.
Woran erkennst du Produkte aus Fairem Handel?
Die Faire Woche wird gefördert mit Mitteln des evangelischen Kirchlichen Entwicklungsdienstes, durch MISEREOR und durch ENGAGEMENT GLOBAL mit finanzieller Unterstützung des
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