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#wächstwieder

Was wächst denn da? – Und wozu?

Quelle: Sarah Meyer

Sarah Meyer, 26 years

Bambus

In Asien schon uralte Tradition, in unseren Breiten nun allmählich auf dem Vormarsch – der Bambus. Diese schnell wachsende Pflanze ist vielseitig einsetzbar, ob ganz traditionell als Baustoff oder in Kleidungsstücken, es gibt viele Optionen. Hier siehst du, wozu dieses Gras (!) fähig ist!

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Baustoff

In vielen Teilen Asien ist es uralte Tradition, Bambus als Baustoff für Häuser, Boote, Möbel und vieles mehr zu nutzen. So allmählich kommt das Material auch in den westlichen Ländern an zum Beispiel als Parkettboden oder im Möbelbau, denn der Rohstoffe bringt große Vorteile mit sich. Er wächst nicht nur rasend schnell nach, er ist auch leicht und flexibel. Vor Feuchtigkeit-, Pilz- und Insektenbefall muss Bambus jedoch geschützt werden.

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Textilien

Es gibt Bambussorten, die am Tag einen Meter wachsen. Daher ist dieser Rohstoff günstig und nachhaltig, wenn man auf den richtigen Anbau und Transport setzt. Textilien aus Bambus sind sehr atmungsaktiv, schnell trocknend und daher gut geeignet für die Produktion von Socken oder Unterwäsche. Zirka 90 Prozent der Textilien aus Bambusfasern sind jedoch in Wirklichkeit aus Bambuszellulose gewonnenen Chemiefasern – die Bambusviskose. Diese Fasern schmücken sich mit dem Begriff „umweltfreundlich“ und „nachhaltig“, sind es aber wegen ihrer problematischen Herstellung meist nicht. Wer dennoch nachhaltige Bambustextilien kaufen will, sollte darauf achten, dass diese aus mechanisch hergestelltem Bambusleinen und nicht aus Bambusviskose gemacht sind.

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Kosmetik

Aus Bambus können so genannte Flavonoide gewonnen werden. Das sind Pflanzenstoffe, die in nahezu allen Nahrungspflanzen vorkommen. Sie werden wegen ihrer Vitamine und Mineralstoffe häufig in Kosmetikprodukten wie in Anti-Falten- oder Sonnencremes genutzt. Flavonoide wirken zum Beispiel zellschützend, antimikrobiell und lindern Entzündungen.

Mais

Vom Teller bis in den Tank: Mais ist super vielseitig. Hier erfährst du, wo dir die Pflanze überall begegnet, aber auch welche Probleme damit verbunden sein können.

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Kunststoff-Ersatz

Von Mülltüten über Tragetaschen und Verpackungen für Lebensmittel bis hin zu kompostierbarem Einweg-Geschirr: Das alles gibt es als umweltschonende Variante bereits aus Mais! Bei der Herstellung des kurzlebigen Einweg-Materials wird die Maisstärke in einen vielseitig verwendbaren Kunststoff umgewandelt – der im Unterschied zu normalem Plastik kompostierbar ist. Damit der Mais-Kunststoff auch nachhaltig ist, müsste er zum Bweispiel auf Festivals aber auch getrennt gesammelt werden und dürfte nicht im Restmüll landen. Das ist leider nur selten der Fall.

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Kraftstoff

Neben Raps und Zuckerrüben ist Mais einer der wichtigsten heimischen Rohstoffe für die Produktion von Biotreibstoff. Damit sind Mais und Co. nicht mehr nur Nahrungs- und Futtermittel: Ein Drittel des Mais, der in den USA angebaut wird, landet nicht auf dem Teller oder im Tierfutter, sondern im Tank. Auch in Deutschland wird dem Kraftstoff zwischen fünf und 10 Prozent Bio-Treibstoff beigemischt – der aus Mais hergestellt sein kann. Das ist jedoch nicht ganz unumstritten, da in einigen Ländern der Mais als Grundnahrungsmittel dient. Weil mehr Bio-Treibstoff im Tank landet, ist auch die Nachfrage nach Mais enorm gewachsen und der Preis damit gestiegen – Menschen müssen also auch mehr Geld für Lebensmittel aus Mais ausgeben, was gerade in ärmeren Ländern ein Problem ist.

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Textilien

Mais hält auch Einzug in die Modebranche – man findet bereits einige Klamotten auf dem Markt, die auf der Pflanze basieren. Mithilfe chemischer Verfahren wird aus den Maiskolben Garn gemacht und daraus wiederum die Textilien. Besonders gut eignet sich der Garn für T-Shirts und Pullover. Aber auch Zurrgurte, Gardinen und Vliessstoffe werden bereits daraus hergestellt. Dabei dient Mais als guter Ersatz für das erdölbasierte Polyester. Für den Anbau des Rohmaterials für ein Kilo Mais-Garn wird außerdem viel weniger Wasser benötigt als für die gleiche Menge Baumwolle.

Hanf

Wenn du jetzt dachtest, der einzige Vorteil von Hanf ist der Joint, den man daraus drehen kann – dann täuschst du dich gewaltig! Hanf hat viele Verwendungsmöglichkeiten, die die meisten gar nicht auf dem Schirm haben:

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Säcke, Netze und Seile

Bereits 4000 v. Chr. stellte man in China aus der Hanfpflanze feste Seile, Taue, Textilien und auch das erste Papier her. Auch heute eignen sich die Kurzfasern dieses nachwachsenden Rohstoffs noch immer super zur Herstellung von Säcken, Seilen, Geotextilien und Netzen. Die Industrie setzt jedoch viel lieber auf Plastik. Und warum? Natürlich, es ist billiger. Aber verdreckt auch gleichzeitig unsere Natur und die Weltmeere enorm. Ist das nicht Grund genug, sich endlich wieder auf Hanf zu besinnen und unsere Umwelt zu schonen?

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Kosmetik

Zur äußerlichen Anwendung ist Hanföl gut geeignet, weswegen nun immer mehr Kosmetikprodukte mit der Zutat Hanf werben. Die Pflanze versorgt die Haut mit Fetten, Mineralstoffen und Vitaminen. Aber Achtung! Die meisten Unternehmen nutzen Hanf auch als Marketing-Trick, um besonders nachhaltig und umweltbewusst rüber zu kommen. Sowas nennt man Greenwashing. Achte am besten bei den Produkten darauf, dass das Öl mindestens an dritter Stelle der Inhaltsstoffe szu finden ist: Je weiter vorn ein Inhaltsstoff steht, um so größer ist dessen Anteil im Produkt.

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Nahrungsergänzungsmittel und Medikamente

Gerade besonders oft in Drogerie und Co. zu sehen: CBD-Öl. Dieses Öl fällt unter die Nahrungsergänzungsmittel und hat keine psychoaktive Wirkung, da das berauschende THC der Hanfpflanze hier nicht enthalten ist. Das Öl soll entkrampfend, entzündungshemmend und angstlösend wirken. Man kann es ohne Rezept erwerben und zum Beispiel bei Einschlafstörungen nutzen. Hanf wird außerdem chronisch kranken Patienten auch als Medikament verschrieben. In diesem Fall ist aber THC drin und das kann die Schmerzen im Nervensystem lindern, wie sie zum Beispiel nach Strahlentherapien von Krebspatienten auftreten.

Flachs/Lein

Flachs ist vielen Leuten auch als als Lein bekannt. Er ist mit seinen schönen blauen Blüten nicht nur toll anzusehen, sondern auch ein wunderbares Material. Man kann ihn für die verschiedensten Dinge verwenden:

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Dämmstoff

Flachs kann verwendet werden um Häuser zu dämmen. Es ist ein nachhaltiger und natürlicher Rohstoff, im Gegensatz zu anderen Dämmmaterialien wie Steinwolle oder Styropor. Dämmstoffe aus Flachs schützen in der warmen Sommerzeit gut vor Hitze und im Winter vor Kälte. Außerdem können sie auch Feuchtigkeit aufnehmen. Flachs zeichnet sich durch seine Formbeständigkeit aus, beim Verbauen des Stoffes schrumpft er deswegen nicht. Auch für die Gesundheit ist Dämmung aus Flachs unbedenklich. Dazu kommt, dass Flachs natürliche Bitterstoffe besitzt, welche ihn resistent machen gegenüber Schädlingsbefall.

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Bettwäsche

Ursprünglich wurde Flachs sehr häufig für die Produktion von verschiedenen Textilien verwendet. Und noch heute ist jedem die Leinenbettwäsche ein Begriff. Für die Herstellung von Leinenstoff werden Flachsfasern verwendet. Auch als Bezug für Bücher, für Klamotten oder als Dekorationsstoff eignet sich Leinen. Im Gegensatz zu Baumwolle ist Leinen strapazierfähiger und stabiler, das macht den Stoff langlebig. Außerdem ist er auch schmutzabweisend und antibakteriell, Baumwolle kann das nicht von sich behaupten. Flachs ist im Anbau relativ anspruchslos, man braucht dafür weniger Dünger und Pestizide. Vor allem aber benötigt er deutlich weniger Wasser als Baumwolle. Die Auswirkungen auf die Umwelt sind deshalb geringer.

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Material für Autos

Da Flachsfasern sich durch große Festigkeit auszeichnen, lassen sich daraus sogar Materialien für Autos produzieren. Verwendet werden die Fasern für Teile der Innenausstattung und sogar für die Karosserie. Momentan sind solche Autos noch in der Erprobungsphase. Da Flachs viel leichter als Blech ist, wiegen diese Fahrzeuge viel weniger, wodurch sie auch weniger Kraftstoff (oder Elektroenergie) verbrauchen. Die Composit-Materialien aus Flachs können außerdem auch  vollständig recycelt werden.

Kork

Kork ist ein sehr bekannter Rohstoff, aber wusstest du, wo er herkommt? Richtig, er besteht aus der Rinde der Korkeiche. Wenn man an Kork denkt, dann denkt man vor allen Dingen an den Verschluss von Weinflaschen. Aber Kork kann noch viel mehr als nur Flaschen verschließen oder als Pinnwand an der Wand hängen. Finde hier heraus, welche Anwendungen Kork noch haben kann:

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Als Bodenbelag

Kork eignet sich hervorragend als Bodenbelag. Ein Boden aus diesem Material ist sehr pflegeleicht und hält dazu auch noch viel aus. Kork hat außerdem einen natürliches Wärmereflexionsvermögen und ist dadurch perfekt geeignet für diejenigen unter uns, die gerne barfuß ihren Alltag verbringen. Auch für Haustiere ist Kork kein Problem, Hund und Katze können mit ihren Krallen dem Boden nichts antun und Schlamm, den die Tiere mitbringen, kann man ganz einfach entfernen. Auch die Geräusche der Tiere beim Laufen werden durch den Bodenbelag abgedämpft.

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Für den Sport

Auch in der Freizeit bei Spiel und Sport ist Kork der Renner. Viele verschiedene Ballarten, wie zum Beispiel Baseball-Bälle und Badminton-Bälle bestehen teilweise aus Kork. Auch Dartscheiben und die Griffe von Golfschlägern oder Angelruten werden oft aus diesem wunderbaren Rohstoff hergestellt. In diesem Falle weniger wegen der Optik, sondern weil er rutschfest und haltbar ist. Auch Nässe macht dem Material nicht viel aus.

Quelle: FNR

Dämmstoff

Kork erweist sich auch als guter Dämmstoff. Sowohl für Schalldämmung als auch für Wärmedämmung ist der Stoff geeignet. Konkret bedeutet das, dass Kork zum Beispiel im Dach als Aufdachdämmung oder als Zwischendämmung eingesetzt wird. Die Backkork-Platten, die verwendet werden, lassen sich gut verarbeiten, denn sie sind leicht und weich. Die Vorteile gegenüber anderen Dämmstoffen liegen in der hohen Druckbelastbarkeit und Beständigkeit, außerdem nimmt Kork kaum Feuchtigkeit auf.

Baumharz

Man kennt es: Man macht einen Spaziergang im Wald, muss sich nur kurz die Schuhe zubinden, zum Abstützen benutzt man einen Baum und plötzlich ist die ganze Hand unfassbar klebrig. Der Verursacher dieser Klebrigkeit ist wohl in den meisten Fällen Baumharz. Aber natürliches Harz ist nicht nur dafür da, unsere Hände zu verkleben sondern kann sehr viel sinnvoller eingesetzt werden:

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Naturheilmittel

Schon seit langer Zeit wird Baumharz als Naturheilmittel verwendet. Es wirkt desinfizierend und ist damit perfekt für die Heilung von Wunden geeignet. Geeignet sind vor allem die Harze von verschiedenen Nadelbäumen. Das können zum Beispiel Lärchen, Tannen, Fichten und Waldkiefern sein. Baumharz kann dabei helfen, Entzündungen vorzubeugen, Hautprobleme zu linden oder Gelenk- und Muskelschmerzen zu behandeln. Eine Salbe aus Baumharz kann man sogar selbst herstellen! Aber Vorsicht, in den Harzen sind viele ätherische Öle enthalten. Diese Öle können zu allergischen Hautreaktionen führen. Deswegen immer aufpassen bei der Herstellung und Verwendung von selbstgemachten Salben.

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Zum Räuchern

Baumharze sind auch zum Räuchern der absolute Hit. Besonders Myrrhe und Weihrauch wurden schon in der Antike verwendet und waren damals auch außerordentlich teuer. Wegen der großen Nachfrage nach Weihrauch sind die dafür verwendeten Baumbestände heute allerdings teilweise von Raubbau betroffen. Deswegen sollte man besser Harze von einheimischen Bäumen zum Räuchern verwenden. Fichte, Kiefer, Tannen und Lärche eignen sich dafür besonders gut. Sollte man das Harz selbst sammeln, muss man aber immer darauf achten, die Rinde des Baumes nicht zu verletzen.

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Industrielle Anwendung

Baumharz besteht größtenteils aus Kolophonium und Terpentin. Diese Stoffe findet man in den verschiedensten Produkten. Terpentin wird vor allem in Form von Terpentinöl verwendet, es kommt in Ölfarben, Lacken und Harzfirnissen vor. Beliebt ist es auch als Reinigungsmittel. Kolophonium ist bekannt für die Pflege von Geigenbögen, denn nur einkolophonierte Bögen erzeugen einen vernünftigen Ton. Auch im Reifenbau oder bei der der Herstellung von Kleber oder Kunststoffen können aus Baumharz gewonnene Substanzen verwendet werden. Ein richtiger Allrounder!

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#MASTERPLAN

Gesünder durch Achtsamkeit?

Leonie, 24 Jahre

#grüblerin #antipastiliebhaberin #naturverbunden

Atme tief ein, spüre, wie die Luft an den Nasenlöchern eintritt und sich langsam deine Bauchdecke hebt. Halte den Atem kurz an und genieße den Moment vollkommener Stille, um kurz darauf wieder mühelos auszuatmen.  

Mit Hilfe dieser kleinen Übung können Körper und Geist innerhalb weniger Minuten zur Ruhe kommen und Stressgefühle reduziert werden. Dies ist eine von unzähligen Möglichkeiten, Achtsamkeit zu praktizieren. Doch was genau steckt eigentlich hinter diesem geheimnisvollen Begriff, der heutzutage in aller Munde ist und doch so ungreifbar erscheint?

 

Auf den Spuren des Buddha…

Achtsamkeit ist eine der zentralen Lehren des Buddhismus und taucht ab dem 19. Jahrhundert als Übersetzung des palischen Wortes (alt-indische Sprache) sati auf. Es beschreibt den Zustand, sich des gegenwärtigen Moments mit allen Sinnen bewusst zu sein, ohne einzugreifen (Schmidt, 2014). Im buddhistischen Kontext zählt die Achtsamkeitspraxis in Form von Meditationen und ethischen Verhaltensnormen zum festen Bestandteil eines umfassenden spirituellen Weges.

 

…zum Gesundheitstrend der heutigen Zeit

Jede*r kennt das Gefühl eines unruhigen Geistes: Man grübelt über Ereignisse in der Vergangenheit (die hitzige Diskussion im Seminar, der sorgenfreie Urlaub vor der Pandemie oder wann man sich zuletzt bei seinen Großeltern gemeldet hat) oder sorgt sich über Zukünftiges (der Ausgang der nächsten Klausurenphase, die Termine, die noch anstehen oder wie viel Geld man diesen Monat noch ausgeben darf).

Quelle: Pexels/Cristian Rojas

Diese ständigen Gedankenreisen, die fast 50 Prozent unserer Zeit füllen (Linz et al., 2021), versperren oftmals die Sicht auf das Wesentliche, das, was jetzt im Augenblick geschieht. Kinder leben meist ganz selbstverständlich im „Jetzt“. Für Erwachsene ist das in unserer digitalisierten und hektischen Gesellschaft oftmals ein fremder Zustand geworden. Durch bewusste Achtsamkeitsübungen kann dieser Zustand jedoch wieder erfahrbar werden.

 

Achtsamkeitsübungen heute sogar von Krankenkassen anerkannt

Das westliche Verständnis der Meditationspraktiken und bestimmte Grundhaltungen fernöstlicher Lehren formte sich unter anderem durch die Entwicklung der achtsamkeitsbasierten Stressreduktion (MBSR = mindfulness-based stress reduction) nach Jon Kabat-Zinn im Jahre 1979 (Kabat-Zinn, 2001).

Das MBSR ist ein komplementär-medizinisches Programm, d.h. es ersetzt keine medizinische oder psychotherapeutische Behandlung, kann aber ergänzend eingesetzt werden. Allerdings zeigen empirische Untersuchungen, dass MBSR zur Behandlung einer Vielzahl von unterschiedlichen körperlichen und psychischen Störungen erfolgreich eingesetzt werden kann (Ruiz-Fernández et al., 2019). Die MBSR erfolgt als 8-wöchiger Kurs, der unterschiedliche Formen der Achtsamkeitsmeditation sowie Yoga beinhaltet. Als Präventionsmaßnahme wird MBSR heute von vielen Krankenkassen bezuschusst. Es scheint also ein Umdenken im Gesundheitsbereich stattzufinden: Psyche und Körper werden bei einer Behandlung zunehmend ganzheitlich  Quelle: Pexels/ Elly Fairytalebetrachtet, was den Einbezug achtsamkeitsbasierter Praktiken in der gesundheitlichen Aufklärung fördert (Heidenreich, 2006).

Die Zahl wissenschaftlicher Arbeiten zum Thema „Achtsamkeit“ entwickelte sich über die letzten Jahrzehnte rasant: Vergleichend zum Jahr 2007, in dem gerade mal 69 Artikel mit dem Titel „mindfulness“ veröffentlicht wurden, fanden sich 2017 bereits 692 Arbeiten mit diesem Themenfokus (Kabat-Zinn, 2019, S.13). Darunter gibt es mittlerweile zahlreiche empirische Befunde, welche die positiven Auswirkungen von Achtsamkeitsübungen bestätigen. Achtsamkeitsbasierte Therapien wurden dabei beispielsweise erfolgreich zur Behandlung bei Ängsten und Depression angewandt (Hofmann et al., 2010).

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Bock auf #health?

Wir sind auf TikTok!

#health #tippsundtricks #gesundundfit #fürdich

Du bist auf der Suche nach spannenden Channels, die sich rund um die Themen Achtsamkeit, Stressbewältigung, Gesundheit, Ernährung und Fitness drehen?

Dann schau unbedingt mal auf unserem @welike_health – Channel vorbei!

Ihr findet dort kleine Tipps und Tricks, perfekt für den Alltag.

Du willst lieber mitmachen statt nur zuzuschauen? Dann werde Teil unserer TikTok-Community und produzier mit uns #health – Videos! Wie? Einfach hier anmelden: https://we-like.com/tiktok-community/.

Wie werde ich achtsam? 

Achtsamkeit beginnt bei den kleinen Augenblicken des Alltags. Es ist nicht mehr und nicht weniger notwendig als die Besinnung auf das, was im Moment erlebt wird – und zwar mit allen Sinnen.

Quelle: Pexels /Gary Barnes

Beim nächsten Abwasch beispielsweise kannst du mal darauf achten, ob du den Schaum knistern hörst oder andere Geräusche wahrnimmst, wie sich deine Hände anfühlen, welche Gerüche dir in die Nase steigen oder ob du vielleicht die Farben des Regenbogens im Spülbecken entdeckst.

Natürlich können auch konkrete Achtsamkeitsübungen, wie eine Meditation, praktiziert werden. Integriert man diese beispielsweise genauso selbstverständlich in den Alltag wie das Zähneputzen, können sich bereits nach ein paar Wochen positive Effekte auf Psyche und Körper einstellen (Schmidt, 2014).

Meditation nach Jon Kabat-Zinn

„Meditation ist aktives Nicht-Tun. […] Die Meditation ist eine Art von Beschäftigung, wenn nicht gar die einzige, bei der es nicht darum geht, etwas zu erreichen oder irgendwohin zu gelangen, sondern darum, vollkommen da zu sein. Es geht im wahrsten Sinne des Wortes um Da-Sein.“ (Kabat-Zinn, 2001, S. 51 ff.)

Nach dem Lesen dieses Beitrags sollte klar sein, dass diese Zeilen kein umfassendes Verständnis von Achtsamkeit vermitteln. Nur durch eigene Erfahrungen in einem Prozess persönlicher Transformation kann Achtsamkeit gesehen, gehört, gespürt und greifbar werden – in den unterschiedlichsten Facetten. Die Titelfrage lässt sich dementsprechend nur individuell beantworten, wenn auch die Studienergebnisse und Erfahrungen im Gesundheitswesen in der regelmäßigen Praxis mit Achtsamkeit vielversprechende Wirkungen für den Menschen und die Gesellschaft als Ganzes in Aussicht stellen.

Das Verfassen dieses Beitrags wurde für mich zu einer persönlichen Herausforderung. Es offenbarte mir den Konflikt, der sich ergibt, sobald ein lediglich erfahrbares Thema wie das der Achtsamkeit mit einem gewissen Informationsanspruch erklärt werden möchte. Das Tolle an diesem Blogbeitrag ist, dass er keinen Anspruch auf Vollständigkeit erhebt. Sollte eure Neugierde an den Vorteilen eines achtsamen Lebens geweckt worden sein, könnt ihr euch beispielsweise mit den hier verwendeten Quellen weiter auseinandersetzen.

 

Du möchtest Achtsamkeit jetzt direkt üben?

…Dann probier doch mal die Bodyscan-Methode aus! Im Folgenden findet ihr eine Anleitung dazu.

Quelle: Pexels/Karolina Grabowska

Hinweis: die Übung lässt sich leichter mit einem Partner/einer Partnerin durchführen. Er/Sie sollte sich die Anleitung vor Beginn der Übung durchlesen, damit Pausen beim Lesen und das Tempo richtig eingehalten werden können. Wenn ihr die Anleitung vorgelesen bekommt, könnt ihr euch ganz auf die Bodyscan-Meditation einlassen.

  1. Leg dich bequem auf deinen Rücken. Dabei ist egal, ob auf dem Boden, dem Teppich oder dem Bett. Hauptsache, du bist ungestört. Schließe deine Augen.
  2. Nimm dir ein paar Augenblicke Zeit, und spüre die Bewegungen deiner Atmung. Richte deine Aufmerksamkeit auf die Empfindungen in deinem Körper. Wo spürst du Berührungen und Druck? An welchen Stellen liegt dein Körper auf dem Boden auf? Lass dich mit jedem Ausatmen etwas tiefer in den Boden sinken.
  3. Erinnere dich daran, worum es bei dieser Aufgabe geht. Es geht einzig und allein darum, verschiedenen Körperteilen deine Aufmerksamkeit zu schenken und dabei aufkommende Gefühle wahrzunehmen. Es muss sonst nichts passieren.
  4. Lenke nun deine Aufmerksamkeit auf deine körperlichen Empfindungen im unteren Bauchraum. Spüre mit jedem Ein- und Ausatmen, wie sich deine Bauchdecke anfühlt. Nimm dir ein paar Minuten Zeit, dem nachzuspüren, während du weiter ein- und ausatmest.
  5. Nachdem du deinen Bauchraum erspürt hast, lass deine Aufmerksamkeit jetzt dein linkes Bein hinunterwandern, bis zu deinem linken Fuß und den Zehen. Schenke jedem Zeh abwechselnd deine Aufmerksamkeit, und erforsche deine Empfindungen. Vielleicht spürst du den Kontakt zwischen den Zehen, aufkommende Wärme, ein Kitzeln oder gar nichts Besonderes.
  6. Löse mit dem Ausatmen die Aufmerksamkeit von den Zehen und lass sie in deinen gesamten linken Fuß wandern. Erforsche deine Empfindungen im Fußbereich. Im Hintergrund bist du dir deines Atems bewusst.
  7. Lasse den linken Fuß jetzt mit einem tiefen Ein- und Ausatmen los. Deine Aufmerksamkeit wandert jetzt Stück für Stück nach oben. Zuerst in die Wade, dann ins Schienbein, ins Knie, immer nacheinander.
  8. Mit behutsamer und sanfter Aufmerksamkeit erspüre nun auch deine anderen Körperteile. Unten angefangen von den rechten Zehen, zum rechten Fuß, das Bein entlang nach oben, zur Hüftgegend, zum Rücken, zur Bauchgegend. Nimm dir Zeit, und erforsche, was du wahrnimmst. Weiter geht es zur Brust, in die Finger hinein, über die Hände, die Arme entlang, zu den Schultern. Weiter hoch in den Nacken, bis zum Kopf, und schließlich zum Gesicht.
  9. Wenn du Anspannung in einem Bereich spürst, atme in sie hinein, und habe mit dem Ausatmen das Gefühl, sie zu lösen.
  10. Wenn du ab und zu von deinem Körper und deinem Atem abschweifst, ist das normal und in Ordnung. Beobachte, wohin der Geist abgeschweift ist, und lenke deine Aufmerksamkeit dann wieder behutsam auf das jeweilige Körperteil.
  11. Am Ende nimm deinen Körper als Ganzes wahr. Der Atem fließt frei hinein und hinaus.
  12. Die Übung kann auch im Sitzen oder mit offenen Augen durchgeführt werden.

(In Anlehnung an Margraf, J. & Schneider, S. (Hrsg). (2009))

  • Heidenreich, T. & Michalak, J. (Hrsg.). (2006). Sonderheft »Achtsamkeit und Akzeptanz«. Psychotherapie im Dialog, 3.
  • Hofmann, S. G., Sawyer, A. T., Witt, A. A., & Oh, D. (2010). The effect of mindfulness-based therapy on anxiety and depression: A meta-analytic review. Journal of consulting and clinical psychology78(2), 169–183. https://doi.org/10.1037/a0018555
  • Kabat-Zinn, J. (2001). Gesund durch Meditation. Das große Buch der Selbstheilung. München: Barth.
  • Linz, R., Pauly, R., Smallwood, J. et al.Mind-wandering content differentially translates from lab to daily life and relates to subjective stress experience. Psychological Research 85, 649–659 (2021). https://doi.org/10.1007/s00426-019-01275-2
  • Margraf, J. & Schneider, S. (Hrsg). (2009). Lehrbuch der Verhaltenstherapie. Grundlagen, Diagnostik, Verfahren, Rahmenbedingungen. Heidelberg: Springer.
  • Ruiz‐Fernández, M. D., Ortíz‐Amo, R., Ortega‐Galán, Á. M., Ibáñez‐Masero, O., Rodríguez‐Salva-dor, M. del M., & Ramos‐Pichardo, J. D. (2019). Mindfulness therapies on health professionals. International Journal of Mental Health Nursing, inm.12652. https://doi.org/10.1111/inm.12652
Quelle: unsplash: Kelly Sikkema
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Wie viel Haltung zeigst du? Teste dein Zivilcourage-Wissen!

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Quelle: Liam Edwards
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Rassismus, Homophobie etc. – es reicht dann auch mal!

Sandra, 29 years

Quelle: unsplash: Rémi Walle
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Zivilcourage – was ist das eigentlich?

Quelle: privat

Sophia, 32 years

Quelle: pexels: Ramil Ugot
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Zivilcourage kann jeder – wir zeigen dir, wie es geht

Lisa-Maria, 34 years

Quelle: unsplash: Sydney Sims
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Zivilcourage im Internet

Fabian, 23 years

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Gegen Verschwörungstheorien und Fake News

Diane, 26 years

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#MASTERPLAN

Wie gesund sind Studierende?

Lena, 30 years

#klimaschutzistgesundheitsschutz #trustinscience #trustyourself

Eine überfüllte Bibliothek, seitenweise abschreiben und auswendig lernen. Rückenschmerzen vom langen Sitzen, die Augen brennen vor lauter Bildschirmzeit. Die Schlange am Kaffeeautomaten wird immer länger und die Wartenden immer ungeduldiger. Irgendwie muss man sich schließlich wach und konzentriert halten mitten in der Prüfungsphase.

 

Alle die studieren, kennen dieses Gefühl. Wer allerdings gerade auf der Suche nach dem passenden Studienplatz ist, macht sich vermutlich noch keine Gedanken über die Herausforderungen, die das Studierendenleben so mit sich bringt. Freiheit und freie Zeiteinteilung schwebt wohl den meisten vor. Und teilweise stimmt das ja auch.

Doch genau diese Freiheit erfordert ein hohes Maß an Selbstorganisation, die viele nach der Schule erst noch lernen müssen. Auf diese Weise wird Freiheit dann schnell mal zu Druck, und Stress oder Versagensängste sind vorprogrammiert. 85% aller Studierenden behaupten, ihre Gesundheit ist ihnen wichtig, aber nur knapp die Hälfte beschreibt ihr Wohlbefinden als gut oder sehr gut. Die Gründe dafür sind vielfältig.

 

Unter die Lupe genommen

Lange hat sich die Gesundheitsforschung dazu nicht mit der Gruppe der Studierenden auseinandergesetzt, sie wurden allgemein als relativ gesund wahrgenommen.

Dabei leben sie meist mit vergleichsweise geringem Einkommen und können dadurch Probleme mit der Wohnsituation haben (Stock & Krämer, 2001). Allein die Finanzierung des Studiums – vor allem bei Studierenden, deren Eltern sie nicht unterstützen können – kann eine große Belastung sein.

Verschiedene Studien belegen, dass unter Studierenden ein erhöhtes emotionales Stresslevel und Schlafstörungen große Probleme darstellen (Schlarb et al., 2017). Auch Depressionen sind nicht selten, sie betreffen ungefähr jede*n Vierte*n. Prüfungen sind die schwerwiegendste Ursache für Stress (TK CampusKompass, 2015).

Natürlich gibt es viele Einflussfaktoren, die sich auf Stresserleben auswirken, unabhängig davon, ob eine Person studiert. Dazu zählen zum Beispiel die Unterstützung aus dem sozialen Umfeld oder der finanzielle Hintergrund der eigenen Familie (Margraf et al., 2020).

 

Wenn der Körper streikt

Neben den psychischen Herausforderungen ist bei vielen Studierenden auch die körperliche Gesundheit stark beansprucht. Circa die Hälfte hat Kopf-, mindestens ein Drittel Rückenschmerzen, etwa 10% klagen über Tinnitus (Schlarb et al., 2017; TK CampusKompass, 2015). Viele interessieren sich zwar für gesunde Ernährung und wünschen sich das auch von ihrer Mensa, jedoch kennen sich die Wenigsten damit aus, was das eigentlich bedeutet (Thees et al., 2012).

Studentinnen sind von allen Problemen weit häufiger betroffen als Studenten (Bailer et al., 2008). Nach dem CampusKompass der Techniker Krankenkasse von 2015 gilt das sowohl für Erschöpfung und Stress als auch für Kopf- und Rückenschmerzen.

Eventuell macht auch das Studienfach einen Unterschied, wobei Studierende geisteswissenschaftlicher Studiengänge sich kränker fühlen als beispielsweise Studierende der Naturwissenschaften. Das könnte allerdings auch auf den geringeren Frauenanteil zurückgeführt werden (TK CampusKompass, 2015).

 

Covid-19 hinterlässt Spuren

Während der Coronapandemie hat sich das Leben für Studierende stark verändert. Die Unis blieben geschlossen, was sich für viele neben der Lehre auch auf das restliche Leben auswirkte. Gemeinsam in die Mensa oder ins Café gehen fiel weg, jeglicher Kontakt zu Dozierenden fand über Videokonferenzen und Chats statt. Dazu kamen digitale Prüfungen und finanzielle Sorgen. Dass die Belastung dadurch gestiegen ist, erklärt sich von selbst, wie diese Studie zeigt.

Es gibt jedoch immerhin einen Lichtblick: Zumindest scheinen Studierende häufiger Sport zu treiben, als die Durchschnittsbevölkerung. Und der ist bekanntermaßen gut für die Gesundheit (TK CampusKompass, 2015). Vielleicht schaffen es Universitäten und Hochschulen in naher Zukunft, noch bessere Voraussetzungen für die Gesundheit und das Wohlbefinden zu schaffen. Wichtige Ansatzpunkte können die Gerichte in der Mensa, das Sportangebot und Veranstaltungen zur psychischen Gesundheit sein – damit kommende Prüfungsphasen vielleicht mit weniger Stress (und weniger Koffeinkonsum) bewältigt werden können.

 

 

 

 

 

Quelle: Unsplash: Markus Spiske
#30Jahrespäter

Fremdenfeindlich? Das ist das falsche Wort.

Quelle: privat

Gesine, 26 years

Die Autorin Katharina Warda ist eine Schwarze Ostdeutsche. Ihre Erfahrungen der Wendezeit kommen in den Geschichtsbüchern nicht vor. Mit ihrem Audioprojekt „Dunkeldeutschland“ gibt sie sich selbst und anderen, denen es ähnlich geht, eine Stimme.

Quelle: Alena Schmick

Du bist in den 1980ern als Tochter einer deutschen Mutter und eines südafrikanischen Vaters geboren und in der Kleinstadt Wernigerode in Ostdeutschland aufgewachsen. Worüber identifizierst du dich?

In meiner Arbeit und meinem Engagement bezeichne ich mich als Person of Color oder als Schwarze Ostdeutsche. Ich bezeichne mich auch als Unterschichtenkind. Einen Großteil meines Lebens wurde ich diskriminiert wegen der finanziellen Situation meiner Familie und der Umgebung, in der ich aufgewachsen bin. Diese Erfahrungen sind bis heute Teil meiner Identität.

Was bedeutet es für dich, ostdeutsch zu sein, welche Erfahrungen verbindest du damit?

Meine Erfahrungen sind stark vom Wendechaos und dem gesellschaftlichen Umbruch geprägt. Einerseits von den Erinnerungen an die Normalität, den Alltag in der DDR, andererseits vom Systemwechsel, dem Chaos und der Perspektivlosigkeit der Wende. Dazu gehören die „Westeuphorie“, aber auch die Arbeitslosigkeit meiner Eltern und die Folgen für meine Familie.

Welche Folgen waren das?

Meine Mutter wurde depressiv, mein Stiefvater war Alkoholiker und brachte sich um. Mich prägen auch Erfahrungen, die meine Familie nicht gemacht hat, ich aber: rechtsextreme Gewalt und ein rassistischer Alltag, aber auch Punkrock, Exzess und Eskalation. Wäre ich woanders aufgewachsen, hätte ich all diese Erfahrungen so nicht gemacht. Daher ist das Ostdeutsche ein wichtiger Teil von mir. Im Alltag wird mir aber das Ostdeutsch- und Deutschsein oft abgesprochen. Bis ich nach Berlin zog, wurde ich häufig von fremden Personen auf der Straße gefragt, wo ich herkomme. Wenn ich sage, aus Wernigerode, wird das nicht akzeptiert. Sie bohren so lange nach, bis eine Information kommt, mit der sie mich als Fremde einteilen können. Obwohl ich genauso ostdeutsch oder deutsch bin wie die Person, die gefragt hat.

Findest du deine Erfahrungen auch in der „kollektiven Erinnerung“ an die Wiedervereinigung und die Nachwendezeit wieder – also vor allem im Rahmen der Aufarbeitung in den Medien?

Wenn man über den Osten spricht, kommen Erfahrungen von Schwarzen und PoC aus dem Osten nicht vor. Dabei gibt es genug PoC, die seit Jahrzehnten über den Osten sprechen und versuchen, vielfältige ostdeutsche Erfahrungen in die Medien zu bringen. Wenn sie gehört werden, werden sie nur als Einzelbeispiele und nicht als „normale“ Ostdeutsche behandelt. Im gesamtdeutschen Zusammenhang ist die ostdeutsche Sichtweise also eine weiße Sichtweise. Das wird so nicht gesagt, aber ganz selbstverständlich angenommen.

Was geht dadurch verloren?

PoC gibt es seit Jahrhunderten in Deutschland. Es gab Schwarze und andere nicht weiße Menschen auch in der DDR, das war und ist keine einheitlich weiße Gesellschaft. Schwarze Ostdeutsche haben genauso ostdeutsche Erfahrungen gemacht wie weiße Ostdeutsche. Zusätzlich erleben sie Rassismus. Typisch ostdeutsche Erfahrungen waren beispielsweise Arbeitslosigkeit und Jobsuche nach der Wende. Schwarze hatten zusätzlich mit rassistischer Diskriminierung bei der Jobsuche zu tun. Das taucht aber in der Erzählung über die Wiedervereinigung nicht auf. Gerade in den 1990ern waren auch rassistische und rechtsextreme Gewalt Riesenthemen und lebensbedrohlich für viele Menschen. Auch ich habe mich ständig in einer möglicherweise lebensgefährlichen Situation gesehen. Nicht nur durch eigene, sondern auch durch Erfahrungen von anderen. Diese Gewalt, die Täter*innen und die Angst vor ihnen gehören zur ostdeutschen Geschichte dazu. Viele Geschichten fehlen da, etwa jüdische und linke Sichtweisen, aber auch und vor allem die Geschichten von Schwarzen und PoC. Es ist ironisch, denn einerseits gilt der Osten als Ort rechter Gewalt, andererseits geht man davon aus, dass der Osten weiß ist. Und da frage ich mich immer: Merkt ihr nicht den Widerspruch? Wie kann denn der Osten ein Ort für rechte Gewalt und Rassismus sein, wenn es angeblich keine PoC gibt? Ein Beispiel dafür ist die ARD-Doku „Wir Ostdeutsche – 30 Jahre im vereinten Land“. Dort wird die Geschichte der Wiedervereinigung durch Erfahrungen von vielen unterschiedlichen Personen erzählt. Aber es sind alles weiße Personen.

Was bedeutet eigentlich weiß, Schwarz und Person of Color?

Mit den Bezeichnungen und Schreibweisen ist es ähnlich wie beim Gendern: Es gibt bislang keine allgemeingültige Lösung. Weiß, Schwarz und PoC wird vor allem von Betroffenen bzw. dann verwendet, wenn es um Rassismus geht.

Person of Color (PoC) ist eine Formulierung, die aus dem Englischen übernommen wurde. Sie ist eine Selbstbezeichnung von Menschen, die von der weißen Mehrheitsbevölkerung als fremd, aber nicht unbedingt als Schwarz wahrgenommen werden. Der Begriff wird also von und für Menschen verwendet, die von Rassismus betroffen sind.

Warum ist hier aber von weißen und Schwarzen Menschen die Rede? Mit weiß ist keine Hautfarbe, sondern eine gesellschaftspolitische Norm und Machtposition gemeint. Der Begriff wird als Gegensatz zu People of Color verwendet. Dabei müssen sich weiße Menschen nicht zwingend selbst als weiß oder privilegiert fühlen.

Auch bei Schwarz handelt es sich nicht um die Beschreibung einer Hautfarbe, sondern um eine politische Selbstbezeichnung. Auch diese Bezeichnung und seine Schreibweise ist aus dem Englischen (Black) übernommen. Es geht also auch hier nicht um eine „biologische“ Eigenschaft, sondern um gesellschaftspolitische Zugehörigkeiten – um das deutlich zu machen, wird die im Deutschen für Adjektive unübliche Großschreibung verwendet.

* Bis heute ist es zum Teil schwierig, die Zahl der rechtsextremen Gewalttaten im Osten und im Westen zu vergleichen, da diese Zahlen in den einzelnen Bundesländern unterschiedlich erfasst werden. Etwa ab 2001 sind höhere Zahlen in den östlichen Bundesländern wissenschaftlich nachweisbar

In Deutschland werden Schwarze Menschen in den Medien wenig gezeigt und sind auch in der Politik kaum vertreten. Hattest du als Kind Schwarze Vorbilder und eine Community?

Es gab absolut keine Community. Ich hatte auch keine Schwarzen Vorbilder und habe sie bis heute nicht. Als Kind habe ich viel Fernsehen geguckt, aber Schwarze Personen gab es nur im US-amerikanischen Fernsehen. In den 1990ern schauten wir alle die Bill-Cosby-Show, die erstmals eine Schwarze Familie aus der Mittelschicht als Hauptpersonen hatte. Dort Schwarze als normale Menschen zu sehen, fand ich gut, aber ihre Situation war weit weg von mir.

Wieso? Wie sah dein Alltag aus?

Wir waren die typischen Wendeverlierer: Meine Eltern waren Fabrikarbeiter in der DDR, mit der Wiedervereinigung verloren sie ihre Arbeit. Beide kamen überhaupt nicht klar mit den neuen Verhältnissen. Die Probleme, für die ich in der Zeit gern ein Ventil oder Antworten gehabt hätte – Depression, Alkoholismus, Suizid – gab es in der Bill-Cosby-Show nicht. Der Widerspruch zwischen der Show und meiner Familie zeigt, dass Schwarze nicht automatisch die gleichen Erfahrungen machen. Es gab zwar PoC in meiner Stadt, aber ich habe mich nicht automatisch mit ihnen verbunden gefühlt. Erst seitdem ich in der Öffentlichkeit stehe, vernetze ich mich mit PoC aus dem Osten, um mich mit ihnen über Rassismuserfahrungen auszutauschen.

In deinem Projekt „Dunkeldeutschland“ geht es um die persönlichen Erfahrungen verschiedener Menschen aus Wernigerode, deiner Heimatstadt, während der Wiedervereinigung. Warum heißt das Projekt „Dunkeldeutschland“?

Mit dem Wort – als Schimpfwort für DDR und Osten – bin ich aufgewachsen. Angeblich ist es entstanden, weil es in der DDR keine Straßenreklamen gab und dadurch im Gegensatz zum Westen nachts die Straßen dunkel waren. Damit wurde eine wirtschaftliche Rückständigkeit angedeutet. Gerade in der Zeit der Wiedervereinigung hat man sich damit über den Osten lustig gemacht und ihn abgewertet. 2015 verwendete es der damalige Bundespräsident Joachim Gauck, als er zu Recht die rassistische und rechte Gewalt bei den Angriffen auf Flüchtlingsunterkünfte in Heidenau verurteilte. Dabei drückte er eine moralische Rückständigkeit des Ostens aus. Es gibt also ein „dunkles“ Deutschland, das Deutschland der Hetzer*innen, Täter*innen und Anstifter*innen, und dem gegenüber steht ein „helles“ Deutschland des bürgerschaftlichen Engagements. Alles Schlechte in Deutschland kommt scheinbar aus dem Osten, ohne das dann mal genauer zu betrachten oder das Problem zu lösen. Was tatsächlich in Ostdeutschland passiert, wird davon überdeckt. Geschichten der Opfer von rechter Gewalt oder wie die meiner Punkclique und von vielen anderen bleiben dabei „im Dunkeln“ – deshalb erzähle ich sie in meinem Projekt.

Wenn ostdeutsche Personen oder Orte in den Schlagzeilen sind, dann oft wegen rechtsextremer und rassistischer Vorfälle. Woher kommt das einseitige Bild, das viele von Ostdeutschland und Ostdeutschen haben?

Einerseits gab es im Osten meiner Wahrnehmung nach schon vor der Jahrtausendwende mehr Vorfälle*. Andererseits unterscheidet sich die Berichterstattung über die Gewalt. Wird über Fälle von rechter und rassistischer Gewalt in Westdeutschland gesprochen, werden oft einzelne Orte wie Hanau oder Solingen als Beispiele genannt. Geht es um Rechtsextremismus in Ostdeutschland, spricht man eher über „den Osten“. In der gesamtdeutschen Erzählung über den Osten kommen auch wenig andere Themen vor.
Außerdem wird so getan, als betreffen diese Vorfälle die Gesamtgesellschaft nicht. Geht es um rassistische und rechtsextreme Gewalt, wird zwischen „uns Normalen“ und „den Anderen“ unterschieden: Es geht aber nicht um „Fremden“ oder Ausländer*innen, denn auch Deutsche, nämlich Schwarze Deutsche, erleben Rassismus. Die Opfer werden mit der Bezeichnung Fremden- oder Ausländerfeindlichkeit zu „Anderen“ gemacht. „Wir“ als Gesellschaft haben mit beiden Gruppen vorgeblich nichts zu tun Das Fremdmachen sagt den Opfern: Ihr und eure Erfahrungen seid nicht normal. „Wir Normalen“ haben aber auch mit den Tätern nichts zu tun. „Wir“ als Gesellschaft haben kein Rassismusproblem, sondern es gibt nur einzelne Rassist*innen. Durch dieses Wegschieben auf „die Anderen“ wird das Problem Rassismus nicht ernst genug genommen. Stattdessen brauchen wir eine ehrliche und direkte Auseinandersetzung mit diesen Problemen, innerhalb Ostdeutschlands und in ganz Deutschland.

Vielen Dank für das Gespräch!

Katharina Warda (35) ist Autorin mit den Schwerpunktthemen Ostdeutschland, Rassismus, Klassismus und Punk und schreibt eine Doktorarbeit zu Tagebuch-Blogs und marginalisierten Identitäten in Berlin und Princeton, USA. Gerade arbeitet sie an einem kritischen Podcast zum Osten und ihrem Projekt „Dunkeldeutschland“, das über biografische Geschichten ihrer ehemaligen Punk-Clique die Wendezeit ihrer Heimatstadt von den sozialen Rändern aus erzählt.

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